2025-04-20 the real world Low-Tech ... ist das Optimum Ich bin ein grosser Befuerworter von Low-Tech. Was ich damit meine ist ein gutes Mittelmass zwischen Technik und Einfachheit. Vor allem geht es mir darum, dass High-Tech nicht der Normalfall sein sollte. High-Tech hat einfach zu viele Nachteile. Meist reicht eine viel einfachere Umsetzung auch aus, die weniger nega- tive Umwelt- und Gesellschaftsfolgen hat. Jedoch bin ich High- Tech nicht komplett abgeneigt. Ich will sie aber nur dann ein- setzen, wenn sie einen grossen Unterschied macht, wie beispiel bei Computer oder der Photovoltaik. Unnoetige High-Tech dagegen sind beispielsweise Laubblaeser fuer jedermann. Es gibt durchaus Einsatzzwecke fuer die es sie geben darf, aber das sind nur wenige. Die meisten sind unnoetig und schaedlich. Es geht mir um den Default. Halb so viel Elektrotechnik wuerde uns allen gut tun. In unserer Luxuswelt in Deutschland bedeutet High-Tech meist zwei Dinge: Erstens zeigt es uns, dass es uns zu gut geht, wenn wir uns diesen unnoetigen Quatsch auch noch leisten koennen (und dass dieser zu billig ist weil seine Gesamtkosten nicht eingepreist sind). Und zweitens wird die durch den High-Tech-Spass freigewor- dene Zeit und die dadurch ungenutzte koerperliche Energie oft durch schaedlichen Konsum (wozu grossteils auch Fitnessstudios gehoeren) gefuellt. Somit schadet High-Tech doppelt. High-Tech kann kaum robuster und langlebiger sein als Low-Tech. Folglich fuehrt es in mehrfacher Weise zu einem groesseren Res- sourcenverbrauch, meist zudem auch noch zu problematischem Res- sourcenverbrauch, weil mehr Kunststoff, mehr seltene Erden und Metalle und mehr nicht-lokale Rohstoffe gebraucht werden. High-Tech kann schlechter repariert werden als Low-Tech. Man wirft also weg und kauft neu, statt zu reparieren. Wenn es keine kompatiblen Komponenten mehr gibt muss man sogar das Gesamtsystem entsorgen wenn nur ein Teil davon kaputt ist. Die Moeglichkeiten fuer eigene Reparatur und fuer alternative Nutzungen sind sehr eingeschraenkt. High-Tech erzeugt Abhaengigkeiten von Unternehmen. High-Tech erzeugt Datenschutzprobleme, die man nicht mehr ueberschauen kann. Mit High-Tech kann man nicht in ein selbstbestimmtes und selbstgetragenes Leben finden. Low-Tech kann man noch verstehen. Man kann es selber entwickeln, installieren, reparieren, umbauen, den eigenen Wuenschen an- passen, man kann es recyclen und Neues und Anderes daraus bauen. Low-Tech bereichtert die Menschheit. Beispiele fuer Low-Tech: - Hebelpumpe - Handhobel, Buegelsaege, etc. - klassische Elektroverkabelung im Haus - Fahrrad - mechanisch geschaltete Waschmaschine Beispiele fuer akzeptabel komplexe High-Tech: - Elektromotor (wie in Bohrmaschinen u.ae.) - Motorkettensaege Beispiele fuer High-Tech mit genug Wertschoepfung: - generischer Computer inkl. Vernetzung und Telekommunikation - E-Bike und E-Auto - Waermepumpe - Photovoltaik Ich mag Dinge, die mir das Leben in praktischer Weise deutlich erleichtern und die ich noch komplett verstehen kann. Ein Fahrrad kann ich komplett verstehen -- jedes einzelne Teil davon. Ich kann es in alle Einzelteile zerlegen und wieder zusammensetzen. Jedes Teil kann ich austauschen und kenne seine Funktion. Das Fahrrad ist das perfekte Beispiel fuer Low-Tech: es ist ein riesiger Gewinn fuer die Menschheit und zugleich einfach, ver- stehbar, reparierbar und wenig Ressourcen brauchend. Auch eine nicht allzu neue Bohrmaschine kann ich komplett zer- legen und verstehen. Bei einem Akkuschrauber geht das nicht mehr, weil er mehr Elektronik und damit Blackboxes enthaelt. Jedoch kann ich den -- aehnlich wie ein E-Bike -- als wertvoll genug an- sehen, um zu akzeptieren, dass man sich dafuer in eine Abhaengig- keit begibt. Zudem waere die Abhaengigkeit noch ueberschaubar und recht generisch. Sie wuerde vor allem Akkus, Laderegler und elektonische Motorsteuerungen umfassen. Diese Komponenten sind bei allen Akku-Elektrogeraeten letztlich die gleichen. Das waere dann der Kompromiss zwischen Kosten und Nutzen, der hier IMO noch akzeptabel waere. Interessant ist auch die Betrachtung von Software fuer mich als Programmierer. Ich denke, wir waeren besser daran, haetten wir nur Software, die Einzelpersonen noch verstehen und schreiben koennen. Ich verstehe weitgend wie ein einfaches Betriebssystem (Unix V6) funktioniert und koennte es prinzipiell selbst program- mieren -- nicht erfinden aber nachprogrammieren. Auch die Software des Internets koennte ich schreiben: DNS, Email, Web, usw. All das ist nicht schwer. All das kann man heutzutage recht einfach programmieren, wenn man nur all den unnoetigen und schaedlichen neumodischen Scheiss weglaesst. Das was noetig ist kann in vielen Bereichen verstanden und selbst gemacht werden. Warum ist das nicht attraktiv? Warum wollen die Leute zunehmend mehr Dinge, die sie nicht be- greifen koennen und die sie in Abhaengigkeiten bringen, statt dass sie Dinge anstreben, die ihnen Wissen, Selbstbestimmung und Autonomie bringen? Kurzum: Ich begreife die Welt nicht. Ich verstehe nicht, warum man in einem Zustand des Luxus noch im- mer hart am Limit faehrt, was eigentlich nur dann Sinn macht, wenn man um's Ueberleben kaempft. Warum ist einem unser Wohlstandsniveau nicht genug und warum verbessern wir nicht seine Qualitaetsfaktoren, wie oekologische Werte, Gleichheit, Wissen, Unabhaengigkeit, Autonomie? Ich verstehe die Menschen und ihre Weltordnung nicht. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke