2024-10-27 gesellschaftsanalyse Petrischale kein Unterschied Eine Bakterienkultur ist in unserer Wahrnehmung etwas Primitives. Schwache Kulturen gehen ein; erfolgreiche Kulturen vermehren sich so stark, dass sie schliesslich an ihren eigenen Abfaellen zu- grunde gehen. Ist die Menschheit denn nicht das Gleiche wie diese ``erfol- greiche'' Bakterienkultur in der Petrischale?! Wir sind erfolgreich, darum vermehren wir uns stark. Gleicher- massen wie die Bakterien sind wir unvermoegens dieses uebermaes- sige Wachstum zu bremsen. Gleichermassen wie die Bakterien zer- stoeren und vermuellen wir unserer Umwelt und damit unsere Le- bensgrundlage. Wie die Petrischale so ist auch die Erde be- grenzt. Anfangs waren ihre Grenzen weder fuer die Bakterien noch fuer die Menschen spuerbar, ab einer gewissen Groesse der Popula- tion werden die Grenzen aber existenzgefaehrdend (insofern man das Wachstum als unweigerlich gegeben annimmt). Wie die Bakterien so ersticken wir uns auch selbst mit unserer Zerstoerung unserer Lebensgrundlage. Wo also ist der Unterschied?! Der sicherlich sofort gebrachte Einwurf duerfte sein, dass die Bakterien nicht intelligent/denkend seien, wir aber schon. Nun, woher wissen wir, ob die Bakterien nicht intelligent sind? Woher wissen wir, ob sie nicht denken? Haben wir mit ihnen geredet? Kennen wir sie persoenlich? Nein, es ist bloss eine arrogante Un- terstellung. Darauf frage ich: Wuerde man die Menschheit denn als intelligent und denkend ansehen wenn man sie aus der gleichen Distanz betrachten wuerde wie die Bakterien? Worin wuerde man dann die Intelligenz erkennen koennen? Das Verhalten ist doch identisch: Beide Lebensformen wachsen unkontrolliert bis sie ihre gesamte begrenzte Lebenswelt voellig ausgebeutet, vermuellt, vergiftet und zerstoert haben. Beide gehen daran zugrunde: entweder die Population stirbt komplett oder es ueberlebt nur ein kleiner Teil, der es schafft, in der vergifteten Umgebung ir- gendwie fortzubestehen. Wo ist da der Unterschied? (Intelligenz ist nur das, was man sieht. Man ist nicht der groesste Mathematiker der Welt wenn man das Ergebnis jeder Re- chnung sofort weiss aber es nie aeussert, denn dann ist man unun- terschiedbar von einer Person, die gar kein Ergebnis kennt.) Man mag einwenden, dass die Menschheit ein Bewusstsein fuer ihre Situation habe. Was laesst uns aber annehmen, dass die Bekterien kein Bewusstsein fuer ihre Situation haetten? Wie sollte ein Ausserirdischer erkennen, dass wir ein Bewusstsein fuer unsere Situation haben, wenn er unsere Sprache ebenso wenig versteht wie wir die Sprache der Bakterien? Er koennte es nur an unserem Verhalten erkennen, das aber kein Anzeichen von Bewusstsein erk- ennen laesst. Ja, wir haben einen Umweltaktivismus, aber der aendert nichts. Wir zerstoeren unsere Lebensgrundlage dennoch. Vielleicht haben die Bakterien auch einen Umweltaktivismus, der ebenso wenig aus- richten kann gegen die Natur ihres Seins wie bei uns Menschen. Wenn ich die Menschheit auf der begrenzten Erde und die Bakterien in der Petrischale aus der jeweils gleiche Distanz betrachte, so kann ich keinen Unterschied erkennen. Sie beide wird das gleiche Schicksal ereilen, denn sie beide sind dem gleichen tief verank- erten Verhalten unterworfen. Sie beide koennen ihrem Wesen nicht entfliehen. (Wir meinen zwar, wir koennten es, jedoch kann ich bislang kein Zeichen erkennen, dass wir es tatsaechlich *koen- nen*.) So gerne ich der Menschheit eine Rationalitaet bescheinigen wuerde, ich kann keine erkennen. Die Menschheit als Ganzes verhaelt sich nicht anders als eine ``erfolgreiche'' Kultur Bak- terien in einer Petrischale. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke