2024-04-09 the real world Emails Ein Hoch auf Email! Email ist meine bevorzugte Kommunikationstechnologie. Daran hat sich ueber all die Jahre nichts geaendert. Das liegt einfach daran, dass ich gerne schreibe, schnell tippen kann, die Asyn- chronitaet mag, Gedanken ausbreiten will und Email-Software selbst entwicklen und betreiben kann. Mein Emailbriefwechsel ist ueber die Jahre konstant. Seit den 15 Jahren, die ich dieses Emailsystem nun schon verwende, schreibe ich sehr konstant jeden Monat etwa 100 Mails, also im Schnitt rund 3 Emails pro Tag: :-Q scan +sent |cut -c1-4 |uniq -c 61 2008 1104 2009 1194 2010 1242 2011 1329 2012 997 2013 1657 2014 1863 2015 1913 2016 1216 2017 1323 2018 1193 2019 1177 2020 1018 2021 1091 2022 1223 2023 326 2024 Ich mag die Konstanz, die ich in diesen Zahlen sehe. Schoen ist, dass sich daran wenig geaendert hat, auch wenn gesellschaftlich Messenger und Sprachnachrichten der Email hart zusetzen. Mit man- chen Freunden ist der Emaildialog zurueckgegangen, aber mit den meisten lebt er unveraendert. Die groesste Entwicklung fuer mich in all der Zeit war wohl meine Erkenntnis, dass Email in vielen Faellen ein problematisches Medium ist, um richtig verstanden zu werden. Insofern es nicht um technische Dinge geht oder mich die andere Person sehr gut kennt, hat Email immer wieder schwierige Situationen erzeugt, durch Missverstaendnisse, Kommunikationsverluste und aehnlichem. Noch immer erkenne ich nicht immer den Punkt, an dem ich besser an- rufe, statt eine Email zu schreiben, aber immerhin erkenne ich ein gewisses Muster hinter dem Problem. Leider weiss ich nicht, ob ich in zehn Jahren immer noch so freu- dig ueber Email schreiben kann. Die Technologie verschwindet nicht nur aus der Mainstreamnutzung, sondern ihr wird auch stark zugesetzt, unter dem Generalrechtfertigung Spambekaempfung, die aehnlich genutzt wird wie die Terrorbekaempfung. Zuerst wurde das Verfehlen der MUAs, den Unterschied von From und Sender nicht an den User durchzureichen, als Realitaet angenommen und damit den RFCs widersprechend Sender-Header einfach ignoriert und From-Headern alle Bedeutung aufgebuerdet. Die Folge: Mail- inglisten liessen sich nur noch in verkruepelter Form betreiben. -- Eine voellig unnoetige Zerstoerung des Konzepts Email. Nun rotten sich die Internet-Email-Riesen immer mehr zusammen und bilden -- im Sinne der Spambekaempfung -- ein zunehmend geschlos- seneres Netzwerk. Zwar kann an sich schon noch weiterhin jeder einen eigenen Emailserver betreiben, bloss hat es dieser immer schwerer als vertrauenswuerdig angesehen zu werden. Die konzeptionell tolle, robuste, dezentrale, selbsthostbare, simple, verstehbare, demokratische, freiheitliche, uralte, grundlegende und mir so liebe Kommunikationstechnologie Email wird mehr und mehr verhunzt, mit Fuessen getreten, ver- schlimmbessert, fuer abschaffbar erachtet. Das ist schade, spiegelt aber letztlich die Situation anderer sozialer, demokra- tischer und selbstbestimmter Errungenschaften unserer Gesellschaften wider: Man richtet sie leichtfertig zu Grunde und ersetzt sie durch zwar huebschere aber zentralistisch- proprietaere Systeme, die keine nennenswerte Lebensdauer haben, in dieser aber allerhand Unheil anrichten. Ich stehe ein fuer Email, trotz all des Spams, in der gleichen Weise wie ich auch fuer Demokratie einstehe, trotz all der Diskussionen. Ein Hoch auf Email! Moege man seine Schoenheit zu sehen lernen! http://marmaro.de/apov/ markus schnalke