2023-07-08 the real world Berg der Erkenntnis Es nicht vermitteln koennen Erkenntnis braucht Zeit. Uns unbekannte Dinge sind in unserem Verstaendnis eine wirre Masse, ein undurchsichtiger Komplex. Hat man sie aber einmal durchdrungen, dann erkennt man die Struktur und alles wird klar und einfach. Man kann sich nach einer Weile dann nicht mehr vorstellen, wie man das nicht hat sehen und ver- stehen koennen. Man kann sich auch nicht mehr vorstellen, dass es so muehevoll war, den Berg der Erkenntnis zu erklimmen. Manches, was ich jetzt sehe, wuerde ich gerne meinem frueheren Ich (oder anderen Personen, denen es jetzt so geht wie mir damals) sichtbar machen, aber es ist kaum moeglich. Vom Berg aus kann man den Leuten im Tal nicht beschreiben, was eine Aussicht ist. Man kann ihnen nur einen Weg nach oben beschreiben und fuer Motivation sorgen. * * * Es ist bestimmt gut, dass ich meine Texte aus spontaner Emotion schreibe. Es ist gut, dass ich keinen Anspruch auf Perfektion habe. Mir reicht es, einen Blickwinkel zu beleuchten und dabei zwanzig andere eigentlich auch relevante Aspekte zu ignorieren. Ich akzeptiere zehn Fehler, die ich mache, wenn ein inspiri- erender Gedanke dabei ist. So muss apov verstanden werden! Je tiefer ich ueber ein Thema nachdenke, desto weniger kommt ein Text dabei heraus. Es gibt ein altes Sprichwort, sagte er: Wenn ein auslaendischer Journalist in den Nahen Osten reist und eine Woche bleibt, faehrt er nach Hause und schreibt ein Buch, in dem er eine Patentloesung fuer alle Prob- leme dort praesentiert. Bleibt er einen Monat, schreibt er einen Artikel fuer ein Magazin oder eine Zeitung, gespickt mit ``wenn'', ``aber'' und ``andererseits''. Bleibt er ein Jahr, schreibt er gar nichts. [0] (Zwei Tagen habe ich versucht mich zu erinnern, in welchem Buch ich diese gelesen habe. Heute habe ich mich hingesetzt und bin die Buecher durchgegangen, aus denen die Worte moeglicherweise stammen. Zum Glueck war das vierte Buch schon das richtige. Das ist ein Grund, warum ich alle gelesenen Buecher weiterhin zur Verfuegung haben will: Ich konsultiere sie spaeter immer wieder mal, greife auf sie zurueck, nehme einen von ihnen angestossenen Gedanken wieder auf ...) [0] Lisa Halliday: Asymmetrie, S. 226 http://marmaro.de/apov/ markus schnalke