2022-06-23 gesellschaftsanalyse Gluehende Verfechter Entspanntheit in Diskussionen In den letzten Monaten und auch in den letzten Jahren habe ich immer wieder Diskussionen erlebt in denen sich manche der Beteiligten stark ereifert haben. Es war als ob es um ihr Leben oder um den Weltfrieden gegangen waere ... und wahrscheinlich war das auch der Fall. Leider hat die emotionale Engagiertheit die Dikussionen wenig erquicklich und wenig konstruktiv gemacht. Je nachdruecklicher argumentiert wurde, desto weniger konnte man an- dere ueberzeugen. Am Ende war es oft nur noch der Versuch die Stimmung zu retten. Die Engagierten haben nichts erreicht. Ihre Empoerung und ihre Ueberzeugungen und ihre ganze Energie haben keinen Diskus- sionswert ... sie haben nur Streitwert. Mit dieser Energie sollte man nicht diskutieren, sondern aktivistisch *handeln*. Aufregung, nachdrueckliche Argumentation und Emotionalitaet sind nicht noetig um von einer Meinung ueberzeugt zu sein. Oft kommt es mir so vor wie wenn die Ueberzeugtheit durch gluehendes Ver- fechten der Sache gezeigt werden muesste. Dabei hat das nichts miteinander zu tun. Das gluehende Verfechten und die Entruestung haben mehr mit einem selbst als mit der Sache zu tun. Wenn sie auch Energie fuer (beliebige) Handlungen schaffen koennen, so helfen sie selten andere zu ueberzeugen. Genau genommen sind sie in Gespraechen ein Stoerfaktor, eine Einschraenkung, ein Hin- dernis fuer das Bemuehen, etwas zu erreichen ... was absurd ist, da gerade diejenigen, denen es wichtig zu sein scheint, etwas zu erreichen, sich damit die Erfolgschance dafuer reduzieren. Ein zentrales Problem bei Diskussionen ist allgemein, dass die Ansicht vorherrscht, man muesse die anderen von der eigenen Meinung ueberzeugen. Es ist ein mehr oder weniger zivilisierter Kampf ums Rechthaben. Dies basiert auf allerlei unpassender An- nahmen. Vorneweg die Annahme, es gaebe ein Richtig und ein Falsch ... da- bei gibt es viele Richtig und viele Falsch gleichzeitig und sich widersprechend, aber alle koennen korrekt sein. Ebenso die Annnahme, man wuerde ueber etwas Absolutes diskutieren ... meist diskutiert man aber ueber Subjektives aus einer egozen- trierten Sicht heraus. Weiterhin die Annahme, dass alle Beteiligten die gleiche Diskus- sionsbasis haetten ... doch diese unterscheidet sich oft, wird aber nicht daraufhin geprueft. Und es herrscht auch die Annahme vor, dass man zu Ergebnissen kommen muesste ... dem Gespraech an sich wird wenig Bedeutung beigemessen. In einer rationalen Welt wuerde man verschiedenes Diskus- sionsverhalten ausprobieren und die Ergebnisse vergleichen. Auf diese Weise kann man sehen, dass Empoerung und emotionale Enga- giertheit zwar Diskussionen mit einer Art Wortgewalt wie gewonnen wirken lassen koennen, dass man auf diese Weise aber kaum jeman- den wirklich ueberzeugt. Das ist dann letztlich nur Propaganda mit der man blinden Glauben von den anderen fordert ... die Ar- gumente sind letzlich nur Beiwerk. Das ist nicht balanciert und nicht auf Augenhoehe. Wenn man erwartet, die anderen zu ueberzeugen, ohne gleicher- massen bereit zu sein, sich von ihnen ueberzeugen zu lassen -- wenn also das Ergebnis der Diskussion nicht offen ist --, dann stellt man sich in dem Moment ueber die anderen und kann nur noch einen einzigen balancierten Ausgang finden: indem die anderen die Bevormundung abblocken ... was zu einem unerfreulichen Gespraech ohne inhaltlichen Fortschritt fuehrt. Das sinnvollste Verhalten bei Diskussionen ums eigene Leben und den Weltfrieden ist das Verstehenwollen. Dafuer brauchen wir eine geistige Offenheit, welche nur bei innerer Ruhe und Ausgegli- chenheit gegeben ist. Jede Art von Aufregung reduziert sie. Gerade die bedeutenden Themen sollten entspannt angegangen wer- den. Dies tut uns keinen Abbruch. Unsere Werte wachsen und wirk- en mit Entspanntheit, nicht mit Aufregung. Entspanntheit ist keine Gleichgueltigkeit, sondern der Weg, kon- struktive Gespraeche und Diskussionen zu fuehren. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke