2021-08-22 the real world Shallow Talk Gemeinsames Gespraech Smalltalk hat eine feststehende Bedeutung und zu viele Assozia- tionen, darum verwende ich hier lieber einen anderen Begriff. Mit Shallow Talk meine ich alle Arten von Unterhaltung, denen die Tiefe fehlt: Oberflaechliche Unterhaltung, ohne wirkliche In- haltsinformation, eben auch nur eine Unterhaltung -- unterhaltend --, ein Zeitvertreib, aber kein Gespraech ... weder ein Dialog noch ein Monolog ... nichts was einen gemeinsamen Gang entlang eines Weges darstellen wuerde, egal ob beide abwechselnd oder nur einer fuehrt. Wenn man sich gemeinsam auf den Weg macht, dann wird man gemein- sam etwas erleben, ein Gemeinschaftserlebnis haben. Es entsteht dann etwas zwischen den Personen das fortan Teil ihres Gemeinsa- men ist, ja, das Gemeinsame auch definiert. Dieses gemeinsame Er- leben im Gespraech, das gemeinsame Wandern im Dialog, das Erkun- den des Raumes, die gegenseitige Inspiration, die neuen Blickwinkel, die gegenseitige Bereicherung ... alles in einem Raum, der im Gespraech zwischen Menschen entstehen kann! So ein unglaubliches Potenzial, das uns da offen steht! Wie koennte man es nicht ergreifen wollen?! Wie koennte man diese Gespraechsspa- ziergaenge nicht zusammen machen wollen?! Stattdessen aber fuellt man die Zeit mit Massen von Shallow Talk: oberflaechlich, effekthascherisch, aufgeregtes ``Schau mal hier! Guck mal dort!''. Kein gemeinsames Wandern, sondern wildes Umher- springen, willkuerlich im Raum, ohne Zusammenhaenge. Ganz schlimm ist es, wenn es mehr als zwei Personen sind und keinen Zweien ein Zweiergespraech zugestanden wird, sondern die Anderen staendig reingraetschen ... wenn jeder Versuch eines Dialogs sofort zer- stoert wird. Es ist wie wenn alles shallow gehalten werden muesste ... wie wenn nichts wachsen duerfte ... wie wenn nichts entstehen duerfte ... wie wenn alles klein und armselig bleiben muesste ... wie wenn man anderen nichts goennen koennte ... wie wenn jeder staendig ueberall beteiligt sein muesste. Es ist schade, dass in so einer Umgebung nichts entstehen kann zwischen Menschen. Mir sind Situationen zu zweit lieb, weil dort schonmal niemand von der Seite reingraetschen kann. Zu zweit ist die Wahrscheinli- chkeit am Groessten, dass man sich gemeinsam auf den Weg macht. Bei mehr Personen sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Anwesen- den sich so weit in der Hand haben und die noetigen Kommunika- tionsfaehigkeiten besitzen, um eine gemeinsame Gespraechswan- derung zu ermoeglichen. Das geht nur wenn jede Person auch an alle anderen denkt und kooperativ in erster Linie an einer gemeinsamen tiefen Gespraechsreise interessiert ist. Mir scheint, dass es bei allen Beteiligten zuerst einmal Ruhe und Ausgegli- chenheit braucht, um ueberhaupt in der Verfassung zu sein, kon- struktiv mitzuwirken. Niemand darf sich zu wichtig nehmen oder glauben, zu kurz zu kommen. Der gemeinsame Weg tut sich auf indem man anderen Raum gibt. Man braucht also eine Offenheit fuer einen Gespraechsverlauf, den man noch nicht kennt und der gleicher- massen von allen Beteiligten abhaengt. Ich mag gemeinsame Gespraeche, die so sind wie gemeinsame Wan- derungen, sehr. Sie erfuellen mich und schaffen so viel Gutes, Schoenes und Gemeinsames zwischen Menschen. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke