2021-03-29 gesellschaftsanalyse Systemdenken Es kann keine einfachen Antworten geben Immer wieder kommen mir Einsteins Worte in den Sinn: Probleme kann man nicht mit der selben Denkweise loesen, durch die sie entstanden sind. Die Ansage war, man wuerde mit ein paar populaeren Ver- packungsmythen aufraeumen, u.a. damit, dass Papierverpackungen besser seien als welche aus Plastik. Zur Begruendung wurde pri- maer der CO2-Fussabdruck der Produktion angefuehrt, am Rande noch die Art des Holzanbaus plus der Wasserverbrauch und die Chemi- kalien bei der Papierherstellung. Das ist leider wie wenn jemand fuer Atomstrom argumentiert mit primaer dem CO2-Fussabdruck und am Rande den Faktoren der Urangewinnung. -- Wir wissen, dass das nicht die einzigen Fak- toren sind, die bei der Atomenergie relevant sind. Dort ist das Abfallproblem uebermaechtig (auch wenn es immer noch weggeredet und teilweise bewusst ignoriert wird). Bei der Betrachtung von Papier und Plastik darf ebenso der Teil des Lebenszyklus *nach* dem Gebrauch nicht vergessen werden. Und neben der Frage, wie viel recyclet werden *kann*, muss auch be- trachtet werden wie viel tatsaechlich recyclet *wird* bzw. real- istisch recyclet werden wird, und vor allem auch was passiert wenn die Verpackungen *nicht* dem Abfallsystem zugefuehrt werden. Papier verrottet einfach innerhalb weniger Jahre. Plastik dagegen erzeugt ein Problem, das aehnliche Charakteristiken hat wie der Atommuell: Microplastik hat eine Zeitdimension von hunderten Jahren! Es gibt keinen Weg das Plastik aus dem Meer oder den Grundwasserschichten oder dem Polareis wieder zu entfernen. Wir koennen nur warten -- 500 Jahre! Also so lange wie seit Christoph Kolumbus vergangen ist! Das ist zwar nicht ganz so lange wie beim Atommuell, aber es ist das gleiche Prinzip. Hier kommt nun Einstein ins Spiel: Probleme kann man nicht mit der selben Denkweise loesen, durch die sie entstanden sind. Unsere Probleme sind durch einseitige Optimierungen entstanden. Man wollte billige und leistungsfaehige Verpackungen, ohne sich fuer sonstige Faktoren, wie den CO2-Fussabdruck oder den Worst- Case als Muell in der Natur zu interessieren. Jetzt macht man den gleichen Fehler erneut, indem man nur die Prioritaeten tauscht, aber die gleichen Denkweisen beibehaelt! Ja, CO2 zu reduzieren ist wichtig, aber sehr viel wichtiger ist es, unsere Betrachtung der Welt umfassender zu gestalten. Wir muessen alles als hochkomplexes System betrachten, bei dem jede Aenderung an einer Stelle Auswirkungen an vielen anderen Stellen hat (die wir teilweise auch gar nicht erkennen oder erst Jahrzehnte spaeter entdecken werden). Unsere Betrachtungsweise zu aendern ist der Kern der Loesung. Man will das nur nicht sehen, weil es Angst macht, denn es kann dann keine klaren, einfachen Aussagen mehr geben. Kein ``das eindeutige Votum'' zu Plastik- und Papierverpackungen mehr, weil das System hinter dieser Frage hochkomplex und umfassend parametrisiert ist. Die derzeitige Komplettfokussierung auf CO2 als ueberdominante Kenngroesse ist ebenso falsch wie die zuvorige Komplettfokus- sierung auf's Geld. Die Loesung liegt im Systemdenken. ... und das heisst leider auch, dass es keine einfachen, generellen (po- pulistisch nutzbaren) Antworten mehr geben kann. Eine einfache Antwort kann keine Loesung sein, da sie der gleichen Denkweise entspricht, die unsere Probleme erzeugt hat. Wir muessen ganz neu zu Betrachten und zu Denken lernen! Dann koennen wir unsere Probleme loesen, sonst schieben wir sie nur umher. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke