2020-11-27 the real world Auf die eigene Weise Eine Art des Ausdrucks Es ist ein Fehler, sich zu sehr an Anderen und an Normvorgaben zu orientieren. Sie wahrzunehmen ist wichtig, aber man sollte sich nicht von ihnen in unpassende Formen zwingen lassen. Dem, was zu einem selbst passt, sollte man nachgehen, insbesondere wenn man Werke schaffen will. So viele Jahre habe ich beim Nanowrimo nicht mitgemacht weil ich halt keine Geschichten im typischen Sinn schreiben kann. Ich weiss, dass das nicht meine Art ist. Dieses Jahr habe ich dann -- aufgrund verschiedener Umstaende -- doch angefangen zu schreiben. Statt der ueblichen Form genuegen zu wollen, habe ich in einem Stil geschrieben, der zu mir passt. Ueber die Auswirkungen auf das Ergebnis habe ich mir bewusst erstmal keine Gedanken gemacht. Ich habe einfach drauflos geschrieben. Nach kuerzester Zeit hat- ten sich ein Stil, eine Form, eine Erzaehlweise etabliert, die zu mir passen. Ich habe auf meine Art erzaehlt, darum war der Ver- such erfolgreich, im Sinne davon, dass etwas dabei rausgekommen ist und der Prozess des Schreibens etwas Positives hatte. Auch wenn ich finde, dass das Werk die eine oder andere Qualitaet besitzt, so habe ich meinen Stil doch eher minderwertig einges- tuft -- keine handwerklich hochwertige Kunst des Geschichtener- zaehlens, sondern ``bloss innerer Monolog''! Zu etwas anderem scheine ich nicht faehig zu sein. Etwas spaeter habe ich dann herausgefunden, dass meine Er- zaehlweise weniger dem inneren Monolog als mehr dem Bewusst- seinsstrom (Stream of Consciousness) entspricht, und dass dieser (in sogar die Regeln der Satzstruktur verletzender Form) die Basis von James Joyce' hochgelobtem und wegweisendem Werk ``Ulysses'' ist! Auf einmal war mein Stil nicht mehr der Inbegriff literarischer Unfaehigkeit, sondern hatte eine Existenzberechtigung erhalten. Ich will nicht sagen, dass mein Text besonders viel Qualitaet haette, aber sein Stil und seine Form sind literarisch zumindest grundsaetzlich akzeptierbar. Das war eine neue Wahrnehmung fuer mich, die mir gut getan hat. Die wichtigere Erkenntnis ist aber die grundsaetzlichere (die nicht nur fuer Texte, Kunst und Forschung gilt, sondern ueberall im Leben): Versuche nicht krampfhaft dich in Formen zu zwaengen, die dir nicht entsprechen, sondern mache die Dinge in deinem Stil, dann wird am ehesten etwas Brauchbares dabei rauskommen! Inzwischen habe ich noch eine Art zweiten Teil (10.000 Woerter) zu meiner ersten Geschichte (16.000 Woerter) geschrieben. Viel- leicht gehoeren sie auch nicht zusammen, das weiss ich (noch) nicht. Mir scheint, dass dieser Text noch staerker dasjenige ist, was erfordert, dass einige Jahre vergehen muessen, bevor ihn jemand lesen darf. Dennoch fuehlt er sich gut an. Es ist wie eine Form von Kunst -- eine Art des Ausdrucks --, die ich in mir entdecke. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke