2020-09-10 gesellschaftsanalyse Auf die falsche Weise das Falsche Standhaft bleiben! Bewerbungssituationen sind schwierig, weil in kurzer Zeit sehr viel ueber eine Person herausgefunden werden soll. Der persoen- liche Eindruck ist wichtig, das Arbeitsverhalten sollte aber nicht auf diesem Wege herauszufinden gewollt werden. Man wuerde nicht erfahren was man eigentlich wissen will. Ich kann diese Assessment-Center-Psychotests nicht ausstehen. Sie foerdern noch mehr die Show, sie testen Konformitaet zu einem aufgezwungenen System. Sie wertschaetzen nicht die Menschen, sondern stressen sie, nur um irgendwas zu erfahren. Das finde ich falsch. Das ist nicht auf Augenhoehe, sondern ein einseitiges Gefaelle. Vor Jahren war ich in einem Bewerbungsgespraech in dem ich gefragt worden bin, wie ich mich in einer spezifischen Situation vor Ort verhalten wuerde. Es ging nicht um eine spontane Reak- tion, sondern um eine planbare Aktion mit Vorlaufzeit. Darauf habe ich geantwortet, dass ich die Kollegen fragen wuerde was in dem Fall ueblich waere, weil mir das der wichtigste Einfluss auf meine Entscheidung waere. Rueckblickend war das die beste und fuer mich passendste Antwort. Sie haette so akzeptiert werden sollen. Stattdessen bin ich dazu gedraengt worden, mich autonom fuer ein konkretes Verhalten zu entscheiden. Nochmals habe ich geantwortet, dass das fuer mich keinen Sinn machen wuerde, son- dern ich mich nach den lokalen Gewohnheiten erkundigen wuerde. Wieder wurde das nicht akzeptiert und ich bedraengt. An dem Punkt haette ich entweder stur oder empoert reagieren sollen. Stattdessen habe ich nachgegeben und irgendeine von-allem-etwas Durchschnittsantwort gegeben. -- Was haben sie damit erreicht? Welche Erkenntnis haben sie gewonnen? Dass ich bei unangemessenem und unnoetigem Alleinentscheidungsdruck nach mehrmaligem Beibehalten der sinnvollen Antwort am Ende doch beidrehe und dem Druck nachgebe? War das noetig? So eine Arbeitgeberhaltung mag ich nicht. Als sie mir die Stelle angeboten haben, habe ich mich fuer eine andere entschieden. Zwei Jahre spaeter in einer muendlichen Pruefung wurde ich ir- gendwelches Faktenwissen ueber einen thematischen Randbereich gefragt. Ich habe geantwortet, dass ich das nachschlagen wuerde. Daraufhin wurde ich gefragt, in welchem Werk. Ich habe gesagt, dass ich dazu die zustaendige Person im Unternehmen fragen oder im Bibliothekskatalog oder im Internet recherchieren wuerde. (Al- ternativ einfach in die Lernunterlagen schauen. ;-) ) Dies war nicht was sie hatten hoeren wollen. Es kamen keine weiteren Nachfragen -- gut --, die Benotung war damit aber wohl entschieden ... Ein anderer, in der Frage unbeteiligter, Pruefer musste auf meine wohl davor nie gehoerte Antwort spontan auflachen. (Das war eine wohltuende Bestaetigung!) Auch in diesem Fall habe ich rueckblickend richtig geantwortet. Es war die sinnvollste Antwort. Es war halt nicht was sie hoeren wollten, aber was kann ich dafuer, wenn sie nicht das Sinnvolle hoeren wollen? Wenigstens wurde ich hier nicht bedraengt. Zumeist wird in Pruefungen und Einstellungsgespraechen primaer herausgefunden wie gut eine Person mit diesen Sondersituationen umgeht, nicht aber wie gut sie fuer die anstehende Aufgabe geeig- net ist. Es ist schade, wie viel Gefaelle zwischen den Seiten zumeist vorhanden ist und ausgenutzt wird. Gespraeche auf Augenhoehe mit beiderseitigen Angeboten und Wuenschen, mit dem Ziel einer Win- Win-Situation gibt es selten. Warum eigentlich? Warum wird eine vorhandene Machtposition meist ausgenutzt? Warum verhaelt man sich wie Gegner? Insgesamt werden Teamplayer zu wenig geschaetzt. Es wird ignori- ert, dass weniger wichtig ist was man an vergaenglichem (aber be- quem pruefbarem und einfach vergleichbarem) Faktenwissen hat als die Faehigkeit zu wissen wann man fragen sollte und wen man fragen kann. Oder die Faehighkeit, zu erkennen was strukturelles Wissen ist, das man haben sollte und was Faktenwissen ist, von dem man nur wissen muss, dass es das gibt und wo man es findet. Man braucht auch nicht lauter Stars im Team, sondern diejenigen Personen, die wissen wann sie abgeben sollten, die wissen wie sie ihre Kollegen passend in Szene setzen, die die Teile zu einem Ganzen zusammenfuegen, die dann Verantwortung uebernehmen wenn es noetig ist, die sich aber auch nicht aufdraengen wenn es ohne ihr Zutun schon gut laeuft. Das ist mit den falschen Methoden etwas anderes zu suchen und da- bei noch nicht verstanden zu haben worauf es eigentlich ankommt. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke