2020-08-21 herz und hirn Flexibilitaet Sich selber kennen Was mit dem Aelterwerden abnimmt ist die Flexibilitaet in jeder Weise im Leben. Das nur als Einrosten zu sehen waere zu einfach. Viel haengt auch mit Weichenstellungen und Entscheidungen zusam- men. Mit Anfang zwanzig hat man kaum laengerfristige Weichen gestellt. Das Leben bietet noch ein grosses Spektrum an Wegen und Richtungen. Auch gibt es kaum Gruende die einen davon abhalten wuerden diese Wege zu gehen. Das Ausziehen, Erfahrungen sammeln und sich selber zu finden gehoert zu dieser Zeit. Je mehr man sich jedoch selber findet, desto mehr nimmt die Flex- iblitaet ab. Auch ohne Bindungen und langfristige Leben- sentscheidungen ist man trotzdem weniger flexibel fuer anderes. Der Grund ist, dass man sich selber viel besser kennt. Man hat schon mehr ausprobiert und dabei Erfahrungen gesammelt. Man weiss besser was fuer einen funktioniert und was nicht. Man hat ein besseres Gefuehl dafuer wo man vermutlich enttaeuscht oder belastet werden wird. Das erspart man sich dann lieber, denn Er- fahrungen nur um der Erfahrungen Willen muss man nicht mehr machen. Diese Zeiten sind grossteils vorbei. Von all den Wegen sind einige durch Weichenstellungen ins Abseits gerueckt. Weitere werden ausgeschlossen, weil die Erfahrung sie als nicht foerderlich erachtet. Uebrig bleibt dann gar nicht mehr viel. Die zunehmende ``Verkalkung'' ist dabei aber viel weniger einschraenkend als die Weichenstellungen und die Erfahrungen mit der eigenen Person. Dies ist Segen und Fluch zugleich. Je besser ich mich kennen- lerne, desto besser kann ich Unpassendes erkennen und mir ersparen, desto enger wird mein Leben aber auch. Vielleicht haengt es an der Akzeptanz schlechter Erfahrungen, also sozusagen dem Gegenteil von Erfahrungen ... die naive Blauaeugigkeit, die der Flexibilitaet entspricht. Dem unbedarften sich Einlassen auf oftmals rueckblickend unangenehme ... oder sagen wir fordernde Erlebnisse ... welche die Erfahrungen schaf- fen ... den Charakter praegen, veraendern. Ist es Bequemlichkeit oder nachlassende Kraft, dass wir sie uns zunehmend ersparen? Oder wollen wir nur das ueber die Jahre auf- gebaute viele Gute nicht gefaehrden? Ist uns Sicherheit wichtiger geworden? Sind wir insgesamt zufriedener? Genuegsamer? Nicht mehr so revolutionaer? Wuerdigen wir das Bestehende mehr ... wol- len es nicht mehr riskieren? Erkennen wir eher, dass wir nicht mehr die Kraft haben alles nochmal aufzubauen? Erkennen wir die Zerbrechlichkeit des Seins? ... das Nachlassen der eigenen Schoepfungskraft? Zum Glueck und leider kenne ich mich sehr gut. Meine Erfahrungen und (wie ich bekennen muss) auch mein hoher Anspruch schraenken mich sehr ein. Es bleiben nicht mehr viele Optionen. Alt und waehlerisch liege ich auf der Lauer ... warte auf das zufaellig vorbeischwimmende Goldstueck ... http://marmaro.de/apov/ markus schnalke