2019-08-28 gesellschaftsanalyse Pflichterfuellung Es passiert hier bei uns! Ich bin schrecklich naiv, denke ich doch, das Verhalten von Men- schen muesste ihrem Amt entsprechen. Da wird ein Zug evakuiert. Zuvor waren die Passagiere schon eine dreiviertel Stunde lang bei 30 Grad ohne Klimaanlage und mit nicht oeffnebaren Fenstern gekocht worden. Die eine Zugbegleite- rin versuchte sie zu unterstuetzen, so gut es in ihrer machtlosen Situation moeglich war. Beim Ausstieg auf offener Strecke half sie auch den wenigen Feuerwehrleuten, die verfuegbar waren, die Leute sicher aus dem Zug und den Bahndamm hinter zu bekommen, waehrend sie zwischendurch die restlichen Personen aus dem Zug zusammentrommelte. Einzelne hatten Kreislaufprobleme. Eine Person war gehbehindert. Und dann steigt ein Mann im DB-Outfit (mit dem er vermutlich nach Feierabend kostenlos heimfaehrt) aus, wie ein unbeteiligter Pas- sagier. Irgendeine sonstige Person betreut den Kreislauffall, der Bahntyp steht nur rum, dann geht er. Und dann steigt auch noch ein Polizist in Berufskleidung mit dem Privatrucksack auf dem Ruecken aus. Sicherlich ist auch er dank der Dienstkleidung kostenlos auf der Heimfahrt. Auch er spielt den unbeteiligten Passagier. Er verhaelt sich nicht anders als die anderen Fahrgaeste. Dabei ist er Beamter und Polizist. Er hat die Verpflichtung seinen Beruf auch ausserhalb der Dienstzeit auszuueben, wenn noetig. Auch wenn keine Katastrophenstimmung geherrscht hat und die Leute ruhig waren, so war doch eine Per- sonalknappheit bei den Hilfskraeften erkennbar. Zumindest abrufbereit haette er wirken koennen, statt apathisch- unbeteiligt. Auch wenn sie nicht formell dazu verpflichtet sind, so umfassen solche Berufe doch eine Selbstverpflichtung, die eine vollkommene Normalitaet, einen unabkoemmlichen Teil von ihnen darstellen sollte. Wo ist denn das berufliche Selbstverstaendnis geblieben? Wo das Rollenverstaendnis? Wo ist die berufliche Verantwortung? Die Pflichterfuellung? Ein Praesident kann sich ja auch nicht auffuehren wie es ihm beliebt, schliesslich repraesentiert er ja ein Land und dessen Bevoelkerung. Aber ... oh! ... kann das sein?! Selbst Praesidenten koennen sich heute scheinbar auffuehren wie der letzte Dreck! Sie aeussern Dinge, die voellig unvereinbar sind mit ihrem Amt und der Rolle, die sie innehaben. Und das nicht bloss in Gurkenstaaten. Ich wollte schon schreiben, dass ihnen wohl das Ehrgefuehl fehlen muss, aber vielleicht sind sie eher ueberflutet von einem ver- letzten Ehrgefuehl, allerdings einem Ehrgefuehl, das noch nie von gesellschaftlicher Verantwortung gehoert hat, sondern stattdessen ganz von Egoismus zugedroehnt ist. Das Schlimme ist: sowas geht heute nicht nur durch, sondern es ist zu einer gesellschaftlichen Normalitaet geworden. Wir erleben sie jeden Tag in den Medien. Statt zu einem drastischen An- sehensverlust fuehrt so ein Verhalten bloss zu vielleicht einem stillen Kopfschuetteln, eingezogenen Schwaenzen, und vermutlich kann man damit sogar seine Ziele noch erreichen. Diese umfassen eben auch Repression, Einschuechterung und Druckausueben, damit sich niemand traut fuer andere vernehmbar ein sachliches Wort zur Realitaet zu aeussern. Intransparenz und (gerne auch auf indirek- tem Weg) unterdrueckte Meinungsaeusserung sind die ueblichen Mit- tel ... in diesen Regimen. Anschliessend die Gleichschaltung, in- dem man genehme Personen um sich sammelt und sowohl Andersdenk- ende als auch Andersartige nach und nach los wird. Und danach faengt man an den Nachwuchsaufbau zu steuern. Wir driften volle Kanne wieder hinein in diese dunklen Zeiten, von denen wir uns gerade so erholt haben! Und diese gleichgueltigen Beamten sind ein kleiner sichtbarer -- scheinbar unbedeutender -- Teil des noch zu wenig sichtbaren grossen Problems. Nur: Wenn es sichtbar wird, dann ist es zu spaet. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke