2019-01-23 the real world Speedrunning davon lernen Seit ein paar Wochen beschaeftige ich mich intensiver mit Speedrunning, also dem moeglichst schnellen Durchspielen ganzer Computerspiele oder einzelner Level. Vor ein paar Jahren habe ich mir schonmal ``Quake done quick'' [0] und dergleichen angeschaut, bin aber nicht so eingestiegen wie jetzt. Der Ausloeser war ver- mutlich das ``Mario Kart 64 World Record Progression''-Video von Summoning Salt. [1] Es bietet einen sanften Einstieg in das The- ma, zumindest wenn man mit solchen Spielen grundsaetzlich ver- traut ist. (Der N64 ist die Konsole die mir am naechsten ist. Als Erwachsener habe ich mir mit dem Kauf eines dann schon laengst obsoleten N64 mehr symbolisch einen Jugendtraum erfuellt.) Abgehoben ist mein Speedrunninginteresse mit Summoning Salts Video ueber ``Choco Mountain'' und den Weathertenko. [2] Tausende Versuche zu ertragen, getrieben von der Hoffnung, das menschlich fast Unmoegliche zu schaffen -- wer kann das er- tragen?! (Die Schlussreaktion auf die Weltrekordzeit des folgen- den Super Mario 64 120-Stars Runs spricht fuer sich. [3] ) Speedrunning ist auch Besessenheit, Sucht, Belohnungsgier ... ebenso aber auch Durchhaltevermoegen und harte Arbeit. Worauf es mit hier ankommt ist die sachliche Analyse. Frueher mag es andere Zeiten gegeben haben, seit einigen Jahren ist erfolgreiches Speedrunning aber ein Communityprojekt. Man sieht Spieler, die unglaubliche Fingerfertigkeiten haben. Die Tricks (Glitches), die sie nutzen, haben meist andere entdeckt. Die Regelwerke hinter den Abhaengigkeiten und die Wahrscheinli- chkeiten, nochmal andere. Und dass eine gewisse Zeit ueberhaupt technisch moeglich ist, haben von wiederum anderen angefertigte Tool-Assisted-Speedruns (TAS) gezeigt. Auch wenn es beim Speedrunning eigentlich primaer um Konkurrenz geht, agiert die Community als ein groesses Ganzes. Die zentrale Anforderung der Nachpruefbarkeit der erreichten Zeiten fuehrt zu grosser Transparenz (Screencasts, Gesichtskamera, Ton, Control- lerinputvisualisierung, Live-Streaming, ...). Speedrunning ist in dieser Hinsicht wie die Wissenschaft eigentlich sein sollte! Speedrunning ist auch so wie die Wirtschaft im Bezug auf die Nachhaltigkeit sein sollte: Trotz grundlegender Konkurrenz zieht man an einem Strang. Wenn Nachhaltigkeit so angegangen werden wuerde, wie die Speedrunner die Zeiten optimieren -- das waere was! Neben gemeinschaftlichem Streben und Transparenz existiert dort auch ein Risiko- und Fehlerbewusstsein. Es gibt Optimierungen die stark zufallsbeeinflusst sind (RNG). Es gibt Optimierungen, die schwierig durchzufuehren sind. Robuste Optimierungen sind die besten. Fallbacks zu haben ist gut. Man ist sich der menschli- chen Fehler bewusst. (Endlevel werden meist schlechter gespielt und sollten darum besser mit sichereren Methoden angegangen wer- den.) [4] Wie sehr wuerde ich mir eine solche Herangehensweise an die Ener- gieverbrauchsreduzierung von Fahrzeugen wuenschen! Das Ziel waere aehnlich einfach messbar. Es gaebe aehnliche Kategorien (flap, 3lap, all cups) in denen unterschiedliche Strategien vorteilhaft sind. Usw. Wir muessen viel mehr in andere Bereiche schauen und von ihnen lernen! Man muss dazu offen sein und dann erkennen, abstrahieren und uebertragen koennen. Das sind Faehigkeiten, die wir foerdern sollten. (Edit: In den Monaten danach habe ich mich intensiver mit Goldeneye-Speedruns [5] beschaeftigt. Dort gibt es eine sehr genau analysierende und die Geschehnisse nachvollziehbar aufbereitende Community. [6] [7] ) [0] http://en.wikipedia.org/wiki/Quake_Done_Quick [1] http://youtu.be/CWkYqyOgetg [2] http://youtu.be/Y99Wj-NStok [3] http://youtu.be/MeRGXBoIZvk?t=5975 [4] http://youtu.be/4CgC2g43smA [5] http://the-elite.net [6] http://youtube.com/user/RWhiteGoose/videos [7] http://youtube.com/user/karljobst/videos http://marmaro.de/apov/ markus schnalke