2018-07-17 the real world Der Preis der Dinge Der Wert der Dinge Als Kind habe ich Was-ist-Was-Buecher (Tessloff-Verlag) gelesen. Sie hatten einen hohen Stellenwert fuer mich. Man wollte viele haben. Es gab auch eine grosse Auswahl mit irgendwann sogar ueber Hundert Baenden, die alle auf den Umschlagsinnenseiten abgebildet waren. Wie oft habe ich sie mir durchgesehen und mir ueberlegt, welche ich gerne als naechstes haette! Es waeren alles Themen, die mich als Junge interessierten. Ueber die Jahre habe ich es auf ein Dutzend Buecher geschafft. Mein aeltester Cousin hatte dreimal so viele. Spaeter bin ich dem Zielgruppenalter entwachsen, aber die Bedeu- tung, die Was-ist-Was-Buecher fuer mich in meiner Kindheit hat- ten, ist geblieben. Vor einer Weile war ich auf einem Flohmarkt. Dort wurden an einem Stand auch Was-ist-Was-Buecher angeboten, in neuwertiger Quali- taet ... fuer unfassbare 1,50 EUR pro Stueck! Neu haben sie 8,90 EUR (und frueher 13,80 DM) gekostest. Das muss man wirtschaftlich wohl Wertverfall nennen. Was fuer mich als Kind damals eine knappe, teure Ressource war, ist heute billig geworden. Was wir damals wie Schaetze gesammelt haben, wird heute auf dem Flohmarkt verramscht. In meiner Wahrnehmung passen der Preis und der Wert dieser Dinge nicht zusammen. Mein erster Impuls, nach dieser Irritation, war, alle acht ver- fuegbaren Buecher zu kaufen -- die naheliegende Reaktion in so einem Fall. Doch indem ich dies getan haette, haette ich den Wertverfall nur bestaetigt. Meine Loesung war dann, so zu tun, als waeren die Buecher weiterhin wertvoll und, da gebraucht (wenn auch komplett neuwertig), zum halben Preis (und nicht einem Bru- chteil davon) angeboten. Ich habe zwei Buecher gekauft, als Geschenk fuer ein Kind. Dieses Phaenomen der Preis-Wert-Abweichung begegnet mich immer wieder. So beispielsweise bei Buecherei-Platzmach-Aktionen, wo gut erhaltene Romane, die ich mir neu kaufen wuerde, fuer 50ct verkauft werden, oder es werden auf Spendenbasis nur 25ct erwar- tet. Als ich 2,- pro Buch zahlen wollte -- was immer noch ein guter Preis fuer mich ist -- wurde mein Geld nur nach Nachdruck und Beteuerung, dass das fuer mich wirklich in Ordnung sei, angenommen. Ich kenne schon auch den anderen Fall: dass viel zu hohe Preise angesetzt werden. Dies laesst mich aber kalt; dann kaufe ich halt nicht. Viel irritierender finde ich Preise, die sehr viel unter dem Wert fuer mich liegen. So habe ich vor zehn Jahren in Ostdeutschland auf dem Land mal eine grosse Portion Bratkartoffeln mit Leberkaese und Ei plus zwei Getraenke fuer insgesamt 5,- EUR gegessen. Auch ohne Getraenke waere das billig gewesen. Ich wollte 8,- zahlen, was aus meiner Sicht (selbst als Student) noch ein guter Preis gewesen waere ... und hatte Probleme, ihn akzeptiert zu bekommen. Ich will ja auch gar nicht ueberheblich erscheinen. Ich wuerde nur einen kleinen Wohlstandsausgleich, der mir gar nicht weh tut, schaffen wollen. ... und zudem schaeme ich mich vielleicht auch ein bisschen, weil mir da vor Augen gefuehrt wird, wie gut es mir geht. Unterschiedliche Finanzsituationen sind immer schwierig, im Flohmarktfall geht es aber oft mehr um das Loswerden von Ueber- fluessigem mit kleinem finanziellem Ausgleich. Praktisch wenn ich genau das mag was sie loswerden wollen. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke