2018-02-07 gesellschaftsanalyse Alles ist relativ Verstaendnislandschaften der komplexen Realitaet Wir muessen uns von der Vorstellung loesen, dass irgendwas abso- lut das beste waere! Viele werden zustimmen, dass die Demokratie eine gute und in vielen Faellen wohl sogar die bestmoegliche Organisationsform ist. Sie ist es aber keinesfalls immer. Ein recht verstaendliches Gegenbeispiel ist ein abstuerzendes Flugzeug. Die dort zu tref- fenden Entscheidungen sind schwerwiegend, schliesslich geht es um Menschenleben. Es waere also nur sinnvoll, wenn dabei jeder mi- tentscheiden wuerde. Aber viel wichtiger in dieser Situation ist die Geschwindigkeit: nur schnelle Entscheidungen koennen ue- berhaupt Passagiere retten. Die Demokratie hat grosse Schwaechen in der Geschwindigkeit. Wenn diese wichtiger ist als andere Fak- toren, dann werden vermutlich andere Organisationsformen besser sein als die Demokratie. Es kommt also ganz entscheidend auf die Situation an. Der Kapitalismus wird viel zu oft ebenso als die beste Wirtschaftsform dargestellt. Ich wehre mich dagegen. Er hat bes- timmte Staerken und Schwaechen. Je nach Situation ist er passend oder nicht. Ein zentrales Element bei ihm ist das Streben nach Wachstum. Wenn Wachstum gewuenscht ist, dann ist er vermutlich ein guter Kandidat. Wenn aber Wachstum das groesste Problem ist, dann macht der Kapitalismus alles nur schlimmer. In genau dieser Situation befinden wir uns derzeit mit Blick auf den Umweltschutz auf der Welt. Meiner Meinung nach wuerde es am allermeisten hel- fen, wenn kein Wachstum mehr da waere, in jeder Hinsicht. Nach dem Krieg war der Kapitalismus vielleicht die beste Form, um wieder etwas aufzubauen, und wenn man besser sein will als an- dere, ist er wohl auch die beste Form. Wenn man dagegen aber sparen und reduzieren muss, dann ist er es, in Verbindung mit der freien Marktwirtschaft und motiviert durch die (emotionalen) Beduerfnisse der Menschen, der schadet. Er kann weiterhin in Teilen genutzt werden, aber von einem Absolutheitsdenken ist das weit entfernt. Entscheidend ist, dass wir die Dinge im Kontext betrachten. Keine, nicht die Demokratie, nicht der Kapitalismus, oder eine sonstige Organisationsform ist die beste und genauso wenig sind sie falsch. Sie sind das nur in bestimmten Situationen, unter bestimmten Zielen und Prioritaeten. Loesungen koennen nur entstehen, wenn man ganze Systeme betra- chtet. Massnahmen muessen situations- und zeitgebunden sein. Ein- stein hat so scheinbar leichthin gesagt: ``Alles ist relativ.'' Tiefe Bedeutung und ernste Infragestellung von mutmasslich abso- luten Grundbetrachtungsweisen in unserer Gesellschaft sieht man in diesen drei einfachen Woertern nicht. Unsere Kinder muessen das Infragestellen des ihnen Vorgesetzten lernen, aber wir setzen ihnen vielmehr gerade ``Wahrheiten'' vor. Was wir brauchen sind Diskussionen dieser scheinbaren Wahrheiten, Diskussionen, die zu keinen klaren Ergebnissen fuehren, sondern eine Verstaendnislandschaft schaffen. Wir muessen unseren Kindern die Komplexitaet der Welt vermitteln, damit sie sich daran gewoehnen ... an die Realitaet, um ihr so besser gewachsen zu sein, als wir es sind. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke