2017-12-29 digital life Openstreetmap-Frustration Keine passenden Tools Zwei Jahre lang war ich recht aktiv in der Openstreetmap. Zwar war ich bei weitem kein Powermapper, aber ich habe doch einiges in meiner Gegend gemappt. Ich habe eine lokale OSM-Gruppe gegruendet, habe kleine Mappingparties angestossen, habe mehrere Mailinglisten (auch talk-de@, tagging@) abonniert und dort auch geschrieben, habe den Whodidit-Feed meiner Gegend mitgelesen und Qualitaetskontrolle betrieben, habe viele User angeschrieben und Neulingen freundliche Hilfestellung gegeben, habe ein Proposal initiiert und an anderen mitgearbeitet, habe einige Stunden SotM-Vortragsmitschnitte geschaut, habe Bugreports fuer iD, HDYC und dergleichen abgesetzt, habe eine Leaflet-GPS-Traces-View gebastelt, habe mit Level0 editiert und habe mein eigenes ed- artiges Shellinterface fuer das Level0-Backend programmiert. Ich habe also eine ganze Menge in der OSM-Welt getan. Dieses Jahr war ich aber kaum aktiv. Das lag an sonstigen Gruen- den in meinem Leben, meinte ich. Ohne meine antreibende Praesenz sind ueber den Sommer dann sogar die monatlichen Treffen unserer Gruppe ausgefallen. Jetzt treffen wir uns wieder, aber ich kann nicht mehr so viel Input liefern wie damals, weil ich die Listen nicht mehr mitlese, weil ich schon ewig keine Wochennotizen mehr gelesen habe, weil ich in den vergangenen zwoelf Monaten nur zwanzig Changeset erstellt habe. Ich dachte, das muesse sich nun wieder aendern. So habe ich heute meinen Mapping-Rechner gestartet (weil mein Notebook einen alten Browser hat, so dass iD unbenutzbar ist, ausserdem habe ich da auch keine Maus). Ich habe ein paar Kleinigkeiten gemappt, die mir in letzter Zeit aufgefallen sind. Das habe ich mit Merkaartor gemacht, weil iD, aus welchen Gruenden auch immer, nicht funk- tioniert hat. Vielleicht ist der Browser auch auf dem Rechner zu alt dafuer. Aber ich war mit iD ja sowieso nicht ganz zufrieden, zumindest nicht wenn es um massenhaftes Haeuser Einzeichnen oder Adressen Eintragen geht. Dann habe ich ein paar alte Fieldpapers rausgekramt, um an der grossen Baustelle des vorhergegangenen Jahres ein Stueck weiter zu arbeiten: Haeuser sind in der OSM bereits vorhanden (mit iD gezeichnet), ich korrigiere sie anhand Maps4BW und meiner Notizen und trage die Hausnummern ein. Ein halbes Dorf steht noch aus, meine Notizen reichen fuer das naechste Viertel. Leider war das Bing-Luftbild zu den OSM-Daten und dem Maps4BW-Bild verschoben und ich habe keine Moeglichkeit gefunden in Merkaartor ein Offset einzustellen. Vor lauter Klickerei ist Merkaartor am Ende sogar abgestuerzt. Dass Merkaartor nicht allzu aktiv weiterentwickelt wird, ist mir schon klar; er war fuer mich halt die noch beste Option. Denn iD ist fuer groessere Bearbeitungen kaum noch zu gebrauchen, er zwingt meine Rechner leistungsmaessig in die Knie und funk- tioniert momentan auf keinem meiner privaten Rechner, was ver- mutlich an nicht neu genugen Browsern liegt. An dieser Stelle wird nun jeder erfahrene Mapper nach JOSM fragen. Ja, natuerlich, den sollte ich nutzen, bloss habe ich eine grosse Abneigung gegen Java. Ich will kein Java auf meinen Rechnern installieren. Damit faellt JOSM raus. Da bleibt nicht mehr viel uebrig, denn Level0 ist schon cool, aber damit kann man keine Haeuser mappen ... und das ist nunmal das was in meiner Gegend zu machen waere ... und wenn ich's nicht tue, dann gibt es nicht mehr so viele andere, die es tun. Und da ist mir dann auf einen Schlag wieder klar geworden, warum ich dieses Jahr so wenig gemappt habe. Es war auch die Folge einer Frustration durch das Fehlen mir genehmer Tools. Das be- ginnt damit, dass ich mit meinem Hauptrechner fast alles machen kann was ich am Computer mache, bloss Mappen kann ich damit nicht. Darum habe ich einen separaten Rechner dafuer, aber es gibt nur eineinhalb native Editoren: einen fast veralteten in C++ (Merkaartor) und den einen den alle benutzen in Java (JOSM). Ausser seltenen Bildbearbeitungssessions verwende ich die Maus kaum. Die allermeiste Zeit am Computer verbringe ich im Unix- Terminal. Dort programmiere ich, dort steuere ich die Musik-, Bild- und Filmwiedergabe, dort schreibe ich meine Mails, dort mache ich fast alles, ausser dem Web (wenn ich nicht gerade w3m nutze). Das Web versuche ich zu meiden, soweit es geht, und wenn ich es doch nutze, dann bediene ich den Browser (dank Vimperator) grossteils wiederum mit der Tastatur. Meine OSM-Aktivitaet passt leider gar nicht zu meiner sonstigen Computeraktivitaet. Das war auch der Grund, warum ich das Level0-Backend genommen und mir mein eigenes ed-artiges Shell- Frontend darauf gesetzt habe. Damit habe ich einen OSM-Editor, den ich im Terminal -- in meiner vertrauten Umgebung -- verwenden kann, ein Editor bei dem ich im vi editieren kann, einer den ich komplett mit der Tastatur steuern kann -- ein Werkzeug, das ich gerne nutze. Leider eignet es sich fast nur fuer Tagaenderungen, wofuer es aber besonders gut geeignet ist. Wenn man sich in der L0L auskennt, kann man schon auch anderes Zeug damit tun, aber nur muehsam. Und Haeuser abzeichnen kann man damit gar nicht. Das ist das Frustrierende an der Sache: Das was sinnvoll waere, naemlich das Verzeichnen von Haeusern, Adressen, Landuse & Co., wuerde ich gerne tun und habe auch Gelegenheiten und Lust vor Ort die Situation zu begutachten, bloss zum Eintragen fehlen mir Tools, die ich nutzen kann und will. Desweiteren leide ich beim Mappen darunter, dass ich kein Smart- phone habe, weswegen ich keine GPS-Tracks aufzeichnen kann. Ich koennte mir schon auch einen Standalone-GPS-Tracker kaufen, doch ist dort die Auswahl an guten, simplen Geraeten (dank der guten Smartphones) recht klein, und mir ein teures Geraet anzuschaffen, bloss um hin und wieder mal ein paar Waypoints aufzuzeichnen macht auch keinen Sinn. Ich mag diese ganzen Technikhelferlein eh nicht. Darum hab ich draussen auch nur Papier, Stift und oft einen Foto dabei. Aber meine Mappingproduktivitaet mindert es na- tuerlich. Ich muss also wohl einsehen, dass meine Lebensweise und meine technischen Praeferenzen mich aus dem ueblichen Mappertypus raus- fallen lassen. Mich aber nur auf L0L-geeignete Edits zu spezial- isieren macht ebenso keinen Sinn, weil es zu wenige davon gibt und die von den sowieso schon erfahrenen Mappern durchgefuehrt werden, und diese Erfahrung erlangt man wenn man ganz normal durch die Gegend mappt (was ich ja nicht kann) ... und noetig ist in meiner Gegend ja sowieso etwas anderes, naemlich gerade das was ich nicht kann. Das fuehrt zu Frustration. Noch schlimmer ist es, weil meine OSM-Gruppe gewissermassen von meiner Aktivitaet abhaengt, weil sie sonst ohne Motor ausrollen. Da fuehle ich eine Verantwortung eben ihr Motor zu sein. Wie einfach waere es, wenn ich halt JOSM verwenden wuerde! Das wuerde sicher manches vereinfachen ... aber es ist nunmal so, dass ich mich seit Jahren mit so Themen wie Java befasse und dort eine starke Ueberzeugung habe. Es ist schliesslich auch einfacher wenn man einen Facebook-Account hat oder bei Amazon einkauft ... das sind Fragen von persoenlichen Ueberzeugen ... und ich will halt kein Java auf meinen Rechnern haben. Wie die Sache ausgeht, kann ich noch nicht sagen. Ich weiss nur, dass ich fuer heute meine Fieldpapers wieder wegpacken werde, dass ich den Computer ausschalten werde, und dass ich mich dann wieder Wichtigerem und Erfreulicherem in meinem Leben widmen werde. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke