2017-04-13 herz und hirn Vampirismus Stillstand ist Tod Eine Person hat mich mal gefragt, ob ich die Leute aussaugen wuerde. Sie hatte naemlich Angst, dass sie mir irgendwann nicht mehr genug bieten koennen wuerde und ich dann das Interesse an ihr verlieren koennte. Zum Teil ist dieses Bild unzutreffend, zum Teil ist es aber nicht ganz abwegig. Ich benoetige ein grosses Mass an Input. Ohne immer wieder neue Eindruecke und Gedanken verhungere ich regelrecht. Wichtige Per- sonen in meinem Leben muessen eine gewisse Groesse haben; diese kann verschiedener Art sein, aber sie muss vorhanden sein. Und ja, wenn eine Person mal ``erschoepft'' ist und stets nur noch das Gleiche von ihr kommt (im schlimmsten Fall Gejammer), dann verliere ich das Interesse. Ich will immer wieder neue Wege beschreiten, immer wieder neue Berge erklimmen, immer wieder mich selbst neu erfahren. Aber nein, ich will nicht -- ich muss. Denn Stillstand ist mein Tod. Die Herausforderung des Neuen ist ein grosser Reiz fuer mich. Je komplexer, desto besser. So z.B. das Postspiel United: Ich habe Wochen gebraucht, um das Regelwerk durchzuarbeiten, und ich habe viele Monate gebraucht, um die erfolgreichen Strategien und Tak- tiken zu verstehen. (Genuegend Input gab's durch das sogenannte United-Forum und durch viele Kommentare des Gamemasters der Par- tie an der ich teilnahm.) Jetzt, nach viereinhalb Jahren, wo ich endlich faehig waere erfolgreich zu spielen, bin ich ausges- tiegen. Daran sind zwar hauptsaechlich andere Gruende schuld, aber der Reiz des Spiels war schon auch nicht mehr so gegeben, als ich es schliesslich verstanden hatte. Ein aehnlicher Fall mit Discgolf: Ich bin dort in der Realitaet angekommen. Ich habe das Spiel intellektuell verstanden. Dort hat es keine vier Jahre son- dern nur vier Monate gedauert, aber der Effekt ist der gleiche. Dass ich auch dieses Hobby vorerst beendet habe, hat ebenfalls andere Hauptgruende, aber der Aspekt, dass ich es ``leergesaugt'' habe, ist doch nicht unerheblich. Ich koennte noch ein paar solcher Beispiele anfuehren. Bin ich also doch ein Vampir, der nur dann zur Ruhe kommt, wenn er nicht immer wieder weiterziehen muss, wenn also seine Umgebung genug Potenzial und Groesse hat um ihn dauerhaft zu naehren? Es ist schoen, Freunde zu haben, die eine derartige Groesse besitzen, und aus eben diesem Grund sind mir auch Unix und die Programmiererei an sich so wichtig. All das haelt mich am Leben. Koennte ich eines Tages mal nur Gaertner oder Bauer sein? Mit genug Buechern und den passenden Menschen um mich herum viel- leicht schon. Ein Schaefer werde ich aber eher nicht werden koen- nen. Mein Verstand wuerde ohne genug externen Einfluss an sich selbst ersticken. Warum diese Zerrissenheit? Warum dieses unerfuellte, unvereinbare Streben? ``Es muss ein Daemon am Werke sein.'' http://marmaro.de/apov/ markus schnalke