2016-10-17 the real world Hifi Die Geschichte meiner Musiktechnik Alles begann mit Musikkassetten und dam alten Kassettenrekorder meiner Eltern (Sanwa 7059, von 1982) der zu meinem Geraet wurde. Es war ein relevanter Schritt meine eigene Hardware zu haben, im Gegensatz zum Mitbenutzen fremder, denn dadurch wurde ich mehr zum Experimentieren motiviert. Ich begann das Hoeren von Fuenf-Freunde-Kassetten um Radiohoeren zu erweitern. Ich muss wohl etwa acht Jahre alt gewesen sein, da kaufte ich meine erste Leerkassette. Mein Papa bot mir eine ge- brauchte fuer 50 Pfennig und eine neue fuer eine Mark an; ich waehlte erstere. Darauf nahm ich Musik auf. Wenn ich mich recht erinnere war das bei den ``Songs fuer Afrika'' von Radio 7. Ich nahm auf was mir gefiel. Darunter war ``Ballroom Blitz'' von The Sweet und ``Born to be Wild'' von Steppenwolf. Dass mein Papa und mein Onkel diese Lieder beim Namen kannten, das beeindruckte mich so sehr -- dass dies moeglich waere war mir schlicht un- vorstellbar --, dass ich seither bestrebt bin das ebenfalls zu koennen. In den Jahren danach nahm ich viele Kassetten auf, oft Musik bei Jahreshitparaden oder einfach mal quer durch das normale Ra- dioprogramm. Manchmal aber auch Spielereien und Alltagsgespraeche. Daneben liess ich mir von einem aelteren Cousin, der eine Stereoanlage mit CD-Player hatte, ein paar Mixtapes aufnehmen ... bloss dass damals niemand diesen Begriff verwendet haette. Verwertet wurden insbesondere die Bravo Hits 12, 13 und die Best of '95 ... und natuerlich die Songs der Schwabenband Pomm Fritz. Wenig spaeter begann ich im Vinylsektor nicht nur Karl-May- Hoerspiele zu hoeren, sondern auch die alten Musikplatten meiner Eltern (Beatles, Maffay, 60s & 70s Sampler). Passend dazu entdeckte ich einen alten Plattenspieler (Dual HS 130/Dual 1224) auf unserer Buehne, den ich bei mir aufstellte. Das muss etwa 1997 oder 1998 gewesen sein. So konnte ich fortan mit eigener Hardware von LP auf Kassette aufnehmen. Mangels passender Verbin- dungen und Wissens nutzte ich die Lautsprecher-zu-Mikro- Uebertragung, die qualitativ natuerlich unterirdisch war ... und zudem mit allerlei Nebengeraeuschen garniert, wie ``Markus, Essen.'', dann ``Markus, komm zum Essen!'' und kurz darauf ``Markus, komm jetzt sofort zum Essen!'' -- Ich konnte ja nicht antworten, weil die Aufnahme sonst vollends hin gewesen waere, wobei sie das genau genommen sowieso schon war. Etwa ab dem Jahr 2000 begann ich hin und wieder eine gebrauchte Platte zu kaufen. Damals wollten die Leute ihre Platten noch loskriegen. Die Laeden waren voll mit alten Platten. Ich kaufte nur im 1-3 Euro Segment ein. ``Led Zeppelin IV'' fuer 7,90 EUR war lange Zeit meine mit Abstand teuerste Platte ... aber das war auch schon spaeter; anfangs habe ich mir eher Sampler gekauft. Die Kuschel Rock IV fuer 3 Euro (weil drei Platten) war ein typ- ischer Kauf fuer mich damals. 1999 hoerte ich zum ersten Mal die SWR1-Hitparade. Das war ein einscheidendes Erlebnis, das fortan meinen Musikgeschmack mitpraegte. Ich hoerte im Radio SWR1 oder den Softsongsender Kom- ma1 (den es aber nur ein paar Jahre lang gab). Mein Radiokonsum wuchs in der Zeit stark an. Den ganzen Nachmittag lief die Kiste. Abends im Bett hoerte ich dann Musik von LP mit Kopfhoerern. Die praegendsten Musikerfahrungen waren die Male als mich Janis Jop- lin & Co. spaet nachts im dunklen Zimmer mit Kopfhoerern bei voller Lautstaerke retteten. Spaetestens seit dieser Zeit ist mein Leben ohne Musik nicht mehr denkbar. In der Zeit meines Abiturs lieh mir mein Mathelehrer mal seine ``Tubular Bells''-LP aus. Das war grossartig! Kurz danach lernte ich Bob Dylans Musik kennen. Wie genau das passierte, kann ich nicht sagen. Ich weiss nur, dass ich sie schon grandios fand, bevor ich wusste wie Dylan aussieht. Un- veraendert ist meine Meinung, dass mich in Summe keine Musik so bewegt wie seine. Es wird 2004 (mit 20) gewesen sein, als ich zum ersten Mal ``It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding)'' gehoert habe ... und es war im selben Jahr, als ich auf meinem ersten grossen Konzert war: bei Santana. Er hat zwar nicht ``Samba Pa Ti'' gespielt, aber das Erlebnis haette trotzdem nicht besser sein koennen. Seit damals war ich dann viermal bei Dylan (jedesmal komplett anders), einmal bei Zucchero (etwas schwierig), einmal bei Joan Baez (richtig gut) und einmal bei Leonard Cohen (hoechst beein- druckend!). Aber zurueck zur Musiktechnik: Als Kassettenrekorder fungierte weiterhin der alte von ganz vom Anfang. Mit ihm nahm ich schon auch mal Ausschnitte des Zeit- geschehens auf (z.B. die Nachrichten am 2001-09-11 oder einfach ein bisschen Werbung), ansonsten eben jedes Jahr einen Ausschnitt der SWR1-Hitparade. Als Radio plus Verstaerker hatte ich inzwischen einen SABA 9140 electric (Baujahr 1978) von Bekannten meiner Eltern bekommen. Daran war der Plattenspieler angeschlossen. Einen CD-Player habe ich nie besessen. Die Handvoll CDs, die mir gehoeren, hoere ich mit dem Computer oder in Autos mit CD-Playern an. Natuerlich kam dann auch die Musik am Computer immer mehr, die war fuer mich aber immer von anderem Charakter, also kein Ersatz sondern mehr eine Ergaenzung zu den Platten, und auch nicht das Gleiche wie Kassetten. Dennoch wuch ihr Anteil an, gleichzeitig wurden das Radio und die Kassetten weniger, nicht aber die LPs. Seit ich einen luefterlosen, stromsparenden Minirechner dur- chgehend am Laufen habe, hoere ich Radio zunehmend per Lives- tream. Das ermoeglicht mir auch Sender wie Folk Alley (eben eine alternative Songauswahl) zu hoeren. Den Geruechten/Plaenen das normale UKW-Radio abzuschalten, kann ich nur Unverstaendnis entgegen bringen -- noch eine Katastrophen-relevante Technologie, die man in die Computerdomaene ueberfuehrt. (Ich wuerde mir schon fast einen Blackout a la Marc Elsberg wuenschen ... besser frueher und warnend als spaeter und katastrophal.) Meine Kassetten hoere ich weiterhin regelmaessig, neue nehme ich aber seit Jahren kaum noch auf. Zu schlecht geht das im Vergleich mit Audiosoftware am Computer. (Das koennte sich aber mit meiner neuen Anlage wieder aendern. Jetzt, wo ich endlich auch mal gelernt habe, was es mit Fe- und Cr-Baendern auf sich hat und wozu Dolby B da ist.) Meine LP-Sammlung ist nach und nach immer weiter gewachsen, durch ein paar Umstaende sogar um Klassische Musik. Die neue Populari- taet von Vinyl hat mich irgendwie von hinten eingeholt, aber das ist ja beim VW-Kaefer, beim Mini-Cooper und bei Berlin-Kreuzberg ebenso passiert. Da hilft wohl nur durchstehen und hoffen, dass nach dem neuen Kult noch etwas von der alten Kultur uebrig ist. Aber ich sollte nicht so rumjammern, wo ich doch nie an einer ``Schallplattenkultur'' teilgenommen habe. Ich habe stets nur alte Platten auf alten Plattenspielern aufgelegt und an der Waerme des Knisterns Gefallen gefunden. Auch bei mir wandelt sich etwas. Nachdem ich ueber 15 Jahre (Mein halbes Leben!) lang meine Platten auf einem damals schon 25, heute gut 40 Jahre alten Dual HS 130 Plattenspieler aufgelegt habe, spiele ich sie nun auf einem Dual CS 607 ab. Der ist zwar auch schon fast 35 Jahre alt und ebenso ein Verwandtschaftsueber- bleibsel, aber er ist doch qualitativ zwei Klassen besser. Der Ausloeser fuer die Aufruestung war allerdings der Radio, der als Verstaerker inzwischen eben auch so seine Alterserscheinungen zeigt. Jetzt habe ich mir einen gebrauchten Technics SU-V 500 Verstaerker gekauft. Daran ist der Plattenspieler angeschlossen. Die Toene kommen ueber die Boxen von der alten Anlage meiner Schwester (Grundig MB-X 35, 100W, 6 Ohm von 2000, anstatt Telefunken WB 60, 15W, 4 Ohm von 1965!). Klanglisch liegen Welten zwischen dem alten und dem neuen Setup. Ein Kassettendeck (Dual C 822 -- ein wahres Schaetzchen) ist inzwischen auch repariert und hinzugefuegt. Von der alten SABA (mit der schoenen, warmen Beleuchtung) will ich mich nicht tren- nen. Sie ist nun als reiner Radiotuner angeschlossen, darin ist sie nach wie vor top. Offen ist noch die Frage, ob ich mir ein CD-Deck kaufen soll. Die Antwort darauf hat aber keine Dringlichkeit. Sicher ist aber, dass ich mir irgendwann richtig gute Boxen zulegen werde, aber auch das hat noch Zeit. Schon jetzt ist die Musikqualitaet meiner Anlage so gut geworden, dass man das als Hifi -- High Fidelity -- bezeichnen kann. Das ist ein Quantensprung fuer mich. Mehr ist nicht noetig. Was bleibt abschliessend zu sagen? - Ich habe in meinem Leben bislang gerade mal 85 EUR fuer Musi- kanlagen ausgegeben, und die waren fuer den gebrauchten Ver- staerker jetzt. Alles andere habe ich ueberlassen bekommen -- ausrangierte Geraete von Bekannten. - Nur der neue (gebraute) Verstaerker und die Boxen sind juenger als ich. Bei meiner LP-Sammlung wird es nicht viel anders sein. - Ich habe weit mehr LPs gekauft als CDs. Neben den zwei neuen Alben, die ich besitze, ist meine teuerste und zugleich wert- vollste LP das Doppelalbum ``La Biblia'' von Vox Dei, das mich 120 ARS (damals gut 20 EUR) gekostet hat. - Meinen allerersten Kassettenrekorder nutze ich noch immer. - Eigene Geraete und Technologien, die zum Experimentieren ermu- tigen (wie Kassetten), sind fuer Kinder und Jugendliche wichtig. - Die Beleuchtung der Geraete ist ihr wichtigstes optisches Merk- mal (rote LEDs und warmgelbe Gluehlampen sind gut; Geblinke stoert nur bei der Musik, die ich hoere). - Es braucht nicht viel um gluecklich zu sein, auch als Musik- liebhaber. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke