2015-01-07 the real world Buecher 2014 Was ich dieses Jahr gelesen habe Mit 2014 endet ein Jahr der Buecher. Ich habe deutlich mehr gelesen als in den Jahren zuvor. Im Januar begann es mit dem ``Herrn der Ringe'', den ich bereits in den letzten Tagen des Vorjahres begonnen habe. Zu diesem Werk muss nichts weiter gesagt werden, es war nur eine Frage der Zeit, wann ich es lesen wuerde. (Das sollte unbedingt sein, bevor ich die Filme sehe.) Anzumerken ist hoechstens, dass ich die einbaen- dige gebundene Ausgabe (Tolkiens Vorliebe folgend) gelesen habe, in der Uebersetzung von Margaret Carroux. Nebenbei habe ich mir die Festschrift ``10 Jahre Computermuseum der Stuttgarter Informatik'' zu Gemuehte gefuehrt. Besucht habe ich das Museum das Jahr zuvor. Die Beschreibungen in diesem Buechlein waren fuer mich Computergeschichteinteressierten wert- voller als ich dachte. Das Buch ist vorrangig ein Lexikon zu Com- puterhardware. Der Februar brachte mich, motiviert durch eine Hausarbeit, zu ``Free as in Freedom'' [en], dem Buch von Sam Williams ueber Richard Stallman. Das Buch ist auch online verfuegbar, [0] ich lese trotzdem lieber auf Papier. Schoen war, dass die Hausarbeit zwar die Motviation war, das Buch zu lesen (Ich habe es frueher schonmal gelesen.), das Lesen an sich war aber vollstaendig selbstmotiviert. Ich habe also keine Abstriche bezueglich der Lesequalitaet gemacht. Nicht dass ich das bewusst entschieden haette; es war ganz automatisch so. Man sollte Buecher immer in ihrem eigenen Tempo lesen, alles andere ist eine Verschwendung. Die Person Stallmans gibt meinem Leben viel. Das ist mir erneut bewusst geworden. Im Anschluss und ebenfalls im Bezug zur Hausarbeit habe ich Andre Spiegels ``Die Befreiung der Information'' gelesen. (Ebenfalls online verfuegbar. [1] ) Dieses Buch bietet einen schoenen Ue- berblick und eine gute Zusammenfassung des Themas, insbesondere fuer Personen, die nicht so tief drin stecken. (Interessanterweise habe ich fuer die Hausarbeit 80% der Zeit meinen persoenlichen Interessen folgend gelesen und danach in ein paar Tagen die 15 Seiten runtergeschrieben. Das Ergebnis wurde erstaunlich gut aufgenommen. Je mehr ich mich meinen eigenen In- teressen folgend mit dem Thema beschaeftige, im Verhaeltnis zum Schreiben, desto ueberzeugender wird das Ergebnis.) Dann im Maerz mal was anderes: ``Beautiful Loosers'' von Leonard Cohen [en]. Das hatte ich schon seit Dezember eingeplant. Ich wollte gerne mal lesen war Cohen abseits seiner Musikmacherei so schrieb, gerade weil er eigentlich Schriftsteller werden wollte. Dieses Buch war jedenfalls ein harter Brocken. Ich kann nicht sagen, was ich davon halte. Als naechstes kam ``Nollops Vermaechtnis'' von Mark Dunn an die Reihe. Irgendwie war ich darueber gestolpert, ich denke ueber Anagramme und dann war es in der Wikipedia aufgefuehrt, oder so. Die technische Idee ist witzig. Allerdings ist das Thema nur ein schwaches Deja vu a la ``1984'' oder ``Farm der Tiere''. Trotzdem hat mir das Buch gefallen, vielleicht weil es kurz und un- terhaltsam war. Die Uebersetzung war sicher Schwerstarbeit. Ebenfalls im Maerz habe ich mich auf Empfehlung von Freunden mit einem anderen Thema beschaeftigt: ``Die Wahrheit beginnt zu zweit'' von Michael Lukas Moeller. Das Buch ist lesenswert, oder besser: ein Buch dieser Art sollte man mal gelesen haben. Dieses war eines der besseren Vertreter seiner Gattung. Der April war der Durchhaengemonat des Jahres. Ich kann nur Jus Dissertation anfuehren, die ich zur Haelfte korrekturgelesen habe. Es war viel anderes in der Zeit, so kam ich nichtmal dazu sie ganz zu lesen. Im Mai auch nur ein Buch, ein Zufallsfund in der Buchhandlung: ``Der ewige Krieg'' von Joe Haldeman. Das ist ein Werk aus den 70ern von Heyne als Special Edition neu herausgebracht. Ich mag die Geschichte. Sie erinnert ein bisschen an das Szenario in den ``Ender's Game''-Fortsetzungen. Juni. Mir war nach einem stinknormalen Thriller. Sowas lese ich gerne ein, zweimal im Jahr. Erneut in der Buchhandlung: ``Der Ra- benmann'' von Dean Koontz. Nichts Ueberwaeltigendes, aber auch nicht schlecht -- das Passende zu dieser Zeit. Und nochmal aus der Buchhandlung: Eine kleine Dylan-Biographie von Tino Markworth. Gerade mal 140 Seiten. Kaum zu erwaehnen, aber trotzdem nett. In der selben Buchhandlung hatte ich schon Kerouacs ``On the Road'' in der Hand, allerdings leider in der deutschen Fassung, weshalb ich mich dann doch dagegen entschieden habe. Dieses Werk will ich zu gerne in der Originalsprache lesen. Stattdessen habe ich dann zu ``Triangel'' von Anne Goldmann gegriffen. Das war eine gute Entscheidung, eine wundervolle. Ich fand das Buch sehr erfrischend. Man merkt, dass die Autorin noch nicht zu lange schreibt, das gerade macht das Buch so schoen. Hinterher hatte ich sogar Konktakt zur Autorin, nachdem ich einige Anmerkungen an den Verlag geschickt habe. Der Juli stand ganz im Zeichen von Thomas Harris. Es war sicher eine gute Portion Protest im Spiel. Meine Absicht war, mitten in der Lernzeit in drei Wochen drei Hannibal-Lecter-Buecher zu lesen. [2] Das tat ich auch, erfolgreich: ``Roter Drache'', ``Das Schweigen der Laemmer'' und ``Hannibal''. Alle drei habe ich schon frueher mal gelesen (und die Verfilmungen gesehen). Roter Drache gefaellt mir am besten, die Geschichte ist so wun- derbar stimmig und in sich geschlossen. Im Schweigen der Laemmer ist die wundervolle Clarice Starling und ihre Beziehung zum FBI fuer mich das Highlight. ``Hannibal'' ist mir zu sehr auf ihn konzentriert und schlachtet ihn zu sehr aus; da geht es mehr um Sensationsgier als um eine schoene Geschichte. Nach zwei Jahren der Abstinenz habe ich im August endlich wieder zu Stephen King gegriffen: ``Dreamcatcher'' [de]. (Den deutschen Titel ``Duddits'' finde ich nur schlecht ... wenn ich auch sonst die deutschen Titel bei King tendenziell besser als die en- glischen finde.) Dieses Buch will ich schon laenger lesen, al- lerdings ohne bestimmten Grund. Jetzt muss ich sagen, dass es etwas aus seinem sonstigen Werk raus faellt. Das ist nicht nega- tiv zu sehen, das Buch ist nur anders, viel biographischer und realitaetsanhaengig. (Rueckblickend gehen auch ``Wolfsmond'' und ``Susannah'' in diese Richtung, die ebenfalls aus der Zeit nach seinem Unfall stammen. Diese zwei haben mir aber weniger gefal- len.) Nach vielen Romanen wieder mal was technisches: ``Scribus: The Official Manual'' [en] von Pittman, Schaefer, et al. Es war gut, dieses Buch zu lesen, waehrend ich mich in das beschriebene Pro- gramm eingearbeitet habe. Das Buch ist an vielen Stellen sehr gelungen. Ich schaetze es immer, wenn Konzepte vermittelt werden. Insofern sind die einfuehrenden Kapitel hier nicht nebensae- chliches Beiwerk sondern wertvoller Kern. Das mag ich. Dann ``Die Kunst des Schreibens'' von David Harris. Mehr ein Bildband als ein Fachbuch und somit fast nicht wuerdig hier auf- genommen zu werden. Im September las ich Daniel Kehlmanns ``Die Vermessung der Welt'' [de]. Das war unterhaltsam! So macht Lesen Spass! Und nebenbei lernt man sogar noch was (wenn das auch eine fiktive Version der Geschichte ist). Hauke hat mir ``The Litigators'' [en] von John Grisham geschenkt, damit ich auch mal ein ordentliches Buch lese. Ganz so hat er es nicht gesagt, mit einem Augenzwinkern hat er es aber so gemeint. Wieso er es mir auf Englisch rausgesucht hat, weiss ich nicht. Vielleicht dachte er, dass mir ein bisschen anspruchsvolleres En- glisch auch gut tun wuerde. Ich sah es als Herausforderung an. Von den Juristenfachbegriffen musste ich natuerlich viele nachschauen, daneben waren es wohl um die dreissig Woerter (v.a. Adjektive), die ich im Woerterbuch nachgeschlagen habe. Ich bin also gut zurecht gekommen, war aber durchaus gefordert. Der Ver- staendlichkeit hat dies keinen Abbruch getan. Die Story war gut. Ich habe das Buch mit grossem Genuss gelesen. Hauke hat mir damit einen Zugang zu Grisham geschaffen, ganz so wie er es wollte. Ebenfalls im Oktober habe ich ``CGI'' [en] von Eugene Eric Kim gelesen. Unbeabsichtigterweise passte dieses Thema zum Shellshock, wenn auch in gegensaetzlicher Ausrichtung zu dem was man erwarten koennte. Ich habe das Buch hauptsaechlich haeppchenweise abends zum Einschlafen gelesen. Am meisten gemocht habe ich daran, wie darin die Welt von damals aufgezeigt wird: Das Web ist noch ganz jung, Interaktivitaet darin erst langsam am Aufkommen, wenig ist standardisiert, die damaligen Technologien sind heute z.T. schon wieder in Vergessenheit geraten (z.B. ISIN- DEX) ... und das ist keine 20 Jahre her! Ich mag daneben, dass in dem Buch oft das grosse Bild aufgezeigt wird. Die inzwischen veralteten technischen Details spielen die Nebenrolle. Der November brachte, nach einem Jahr Wartezeit, ``Die unertrae- gliche Leichtigkeit des Seins'' von Milan Kundera -- ein unglau- bliches Werk. Ich haette nicht erwartet das darin zu finden was ich darin fand. Selten habe ich mich so sehr dazu draengen muessen weiterzulesen, aber keineswegs weil die Geschichte schlecht gewesen waere, sie war nur so ... schneidend. Die Zeit war passend dafuer. Vielleicht zum Ausgleich danach die nur 150 Seiten von Ray Brad- burys ``Fahrenheit 451'' [de]. Das war wieder Science Fiction -- mir scheint, das lese ich in letzter Zeit haeufiger. An diesem Buch mag ich, dass die Dystopie nicht so sehr dystopisch ist. Sie ist mehr wie ein Actionthriller mit Schwarzenegger oder Van Damme ... Total Recall oder Universal Soldier waren vom Stil in dieser Art, wenn ich mich recht erinnere. Man muss dabei nicht verzweifeln. Gerade in der Funktion eines Ausgleichs zwischen den umgebenden Buechern war das gut. Im Dezember war dann naemlich endlich (nach achteinhalb Jahren) die Zeit gekommen um den ``Steppenwolf'' von Hesse zu lesen. Ein besonderes Buch fuer mich. Alles weitere gibt es separat zu lesen: [3] ). Danach brauchte ich erstmal eine Pause. Diese Einfluesse musste ich erst einsinken lassen. Ich las deshalb wieder etwas aus dem technischen Bereich, aus dem Projektmanagement: ``Producing Open Source Software'' von Karl Fogel [en]. Ich habe die ersten Kapi- tel schon im Mai gelesen, nun folgte der Rest. Das Buch ist eine reiche Quelle an Best-Practices in diesem Bereich (und ``dieser Bereich'' geht ueber die Freie-Software-Entwicklung hinaus). Dieses Buch (auch als Nachschlagewerk) kann ich nur empfehlen. Es gibt wenige Stellen an denen ich Details anderst stehe, der gro- ben Linie stimme ich voll zu, und das ist kein Wunder, denn Fogel beschreibt und erklaert Best-Practices, also die Essenz der Real- itaet. (Das Buch ist auch online verfuegbar. [4] ) Den Abschluss des Jahres machte Patricia Highsmiths ``Der talen- tierte Mr. Ripley''. Darauf kam ich als ich nach ``Dreamcatcher'' in der Wikipedia und im Stephen-King-Wiki nachlas. Die Bezeichung ``Ripley'' fuer das ``Zeug'' kommt von Ellen Ripley aus ``Alien'' und ihr Name haengt wiederum mit der Hauptperson diesen Buches zusammen (wenn ich mich recht erinnere). So kam es, dass ich dachte, dass ich dieses Buch mal lesen koennte (nachdem ich vor vielen Jahren mal den Film gesehen habe, ohne dass ich mich noch gross daran erinnern konnte). Das Buch ist vollauf gelungen. Damit komme ich fuer dieses Jahr auf 26 Buecher, was doppelt so viele sind wie letztes Jahr. Das haengt damit zusammen, dass ich viel im Zug gependelt bin und ich mir bewusst vorgenommen habe, viel zu lesen. Das ist geglueckt. Ich habe etwas mehr als zwei Buecher im Monat gelesen, oder anders gesagt, eines alle zwei Wochen. (In einem der Vorjahre waren es etwa eines alle drei Wochen.) Viel weiter laesst sich das kaum steigern, es sei denn, ich wuerde kuerzere oder ``leichtere'' Buecher lesen. (Der Herr der Ringe z.B. haut mit den Anhaengen und allem halt gleich wie vier Buecher rein. Und bei manchen Buechern bin ich mehr am Un- terbrechen und darueber Nachdenken als am Lesen.) Aber es muessen ja auch nicht mehr werden, auf die Lesequalitaet kommt es schliesslich an, nicht auf die Anzahl. Lieber will ich ein halbes Jahr lang an Tolstois ``Krieg und Frieden'' ackern als in der gleichen Zeit zwanzig Konsaliks zu lesen. Apropos ackern: Darwins ``Entstehung der Arten'' habe ich vergangenes Jahr nicht wieder aufgegriffen. Die Beendigung dieser Ackerei steht mir noch bevor. Aber bevor ich nun ausblicke, will ich doch noch ein paar Zahlen jonglieren. Unter den 26 Buechern waren 16 Romane und 10 Sachbuecher. 7 der Buecher gehoeren zum Computerbereich, 2 zum Science Fiction. 5 Buecher waren auf Englisch, die restlichen auf Deutsch. Fuer meinen Geschmack haetten die anderen Computerbuecher auch auf En- glisch sein koennen. Ich finde, 2014 war ein vielfaeltiges Buecherjahr fuer mich; es gibt keinen mir wichtigen Bereich, den ich vermissen wuerde: Von allem war etwas dabei. (Ausser vielleicht einem ganz klassischen Unix-Buch ... ja, das fehlt.) Zum Abschluss der Ausblick auf 2015. Was habe ich bereits ins Auge gefasst? Es warten ``The Limits to Growth'' des Club of Rome, ``Freuden den Jugend'' von Denton Welsh, ``Schlaflos'' von Stephen King (Sollte ich davor ``Es'' nochmal lesen?), ``Dreaming in Code'' von Scott Rosenberg, dazu vielleicht noch ein ganz klassisches Unix-Buch (wie z.B. ``The Design of the UNIX Operat- ing System'' von Bach), mit Glueck ein Buch ueber Tcl und evtl. nehme ich mir sogar Darwins ``Entstehung der Arten'' wieder zur Hand. Ich habe also einiges vor, mal sehen, wo mich mein Lesepfad hinverschlaegt. Nun ist dieses neue Jahr erst ein paar Tage alt, und doch ich kann mit Freude bereits mein erstes gelesenes Buch vermelden: ``Die Akte'' von John Grisham. Es hat mich vorgestern ploetzlich ueberkommen, ich wollte etwas lesen, so bin ich durch die Buecher gegangen und schliesslich bei diesem, meinem zweiten Grisham, den ich kuerzlich guenstig nebenbei erworben habe, haengen geblieben. Ich tauchte voll ein. 26 Stunden spaeter war ich durch die 480 Seiten durch, inklusive Schlafen und Essen. 400 Seiten an einem Tag, das verdoppelt meinen bisherigen Rekord -- nicht dass man Seiten wirklich vergleichen koennte ... und was hatte ich oben noch von Qualitaet geschrieben? Es war wohl in erster Linie eine gehoerige Portion Sportsgeist und ich hatte sonst nichts zu tun. Jedenfalls hat's Spass gemacht. Aber ich will auch noch etwas zu den Buch schreiben, denn sonst wuerde ich es nicht in diesen Ber- icht vorziehen. Zum einen haette ich vor Jahren nicht gedacht, dass ich mal scheiben wuerde, dass ich eine Uebersetzung schlecht finden wuerde. Ich waere gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich das wahrnehmen wuerde. Hier aber muss ich das schreiben. Das Buch ist bei Heyne in der 30. Auflage, aber die Uebersetzung von Christel Wiemken ist an mehreren Stellen einfach schlecht. In- nerhalb der zehn Jahre dieser 30 Auflagen haette man sie schon mal zurechtschleifen koennen. Zum anderen -- und das ist der mir wichtigere Teil -- hat mich das Buch oft an Edward Snowden und den Film ``Citizenfour'' erinnert. Vieles daran passt zueinander. Aber damit nicht genug, in Kapitel 36 (Seite 358) wird doch tatsaechlich ein Herr Snowden erwaehnt! Ohne Scheiss! Da kann man echt anfangen Verschwoerungstheorien zu spinnen. Dabei ist der Druck von 2003, die Uebersetzung aus den 90ern und das Buch aus den 80ern ... die haben da noch nicht mal Handys! [0] http://www.oreilly.com/openbook/freedom/ [1] http://die-befreiung-der-information.de [2] http://marmaro.de/apov/txt/2014-07-16_lesezeit.txt [3] http://marmaro.de/apov/txt/2014-12-06_steppenwolf.txt [4] http://producingoss.org http://marmaro.de/apov/ markus schnalke