2014-04-05 the real world Der Menschheit Es ist an der Zeit Es ist an der Zeit ein Thema abzuschliessen, das mich nun schon seit mehreren Jahren, im letzten Jahr sehr intensiv, beschaeftigt hat: Es geht um die Nutzungsrechte an meinen Werken. Je mehr ich mich mit dem Thema auseinander gesetzt habe, je tiefer ich in das Urheberrecht eingetaucht bin, je bewusster ich mir die gaengige Praxis angeschaut habe, desto unzufriedener bin ich mit all dem geworden. Mein Wunsch nach einer besseren Real- isierung wurde immer staerker. Ich wollte die Rechtesituation und ihre Handhabung sowohl mir als auch den Anderen moeglichst ein- fach und klar machen, und zwar in jeder Hinsicht. Ich suchte dam- it eine moeglichst generelle Loesung. Gleichzeitig wollte ich auch die Menge meiner Werke die ich Anderen zur Nutzung anbiete deutlich erhoehen, und zwar um Groessenordnungen. Es sollte nicht nur einzelne, ausgewaehlte Stuecke sein, sondern grossflaechige Bereiche. Ich wollte die Gesamtsituation aendern, am besten durch passendere Standardwerte. Derartige Vorhaben sind von weitreichenden Auswirkungen. Es wun- dert mich daher nicht, dass es mich viele Monate Zeit gekostet hat, mir ueber meine Position klarer zu werden. Ich habe mich in- formiert, ich habe eroertert, ich habe diskutiert, ich habe ex- perimentiert, ich habe das Thema sich setzen lassen, ich habe darueber geschlafen, ich habe mich erneut informiert. Letztlich kann das ewig so gehen, denn immer gibt es noch einen Grund dies oder das weiter zu vertiefen, hier oder da noch mehr drueber nachzudenken, und so weiter. Was hilft aber all die Ueberlegung wenn die Umsetzung fehlt? -- Sie ist nur ein netter Zeitvertreib. -- Ich verfolge aber ein konkretes Ziel: Ich will die Situation verbessern. So habe ich mir eine Deadline gesetzt. Dieser Tag ist gekommen. Ich bin zu einem Ergebnis gekommen das sich gut anfuehlt. Es scheint stimmig und realistisch zu sein. Und: Ich setze es hier- mit um: [0] Mein Wunsch ist, dass meine Werke jedermann jederzeit in der gleichen Weise zur Verfuegung stehen als waeren sie gemeinfrei. Deshalb schenke ich meine Werke der Menschheit, indem ich -- mittels CC0 1.0 Universal -- weltweit auf alle urheberrechtlichen und verwandten Schutzrechte ver- zichte, soweit das gesetzlich moeglich ist. (Ausgenom- men sind Werke fuer die ich explizit andere Regelungen treffe.) Ich vertraue auf die ethischen Werte meiner Mitmen- schen, dass sie meine Arbeit angemessen wuerdigen. Diese Erklaerung, auf Deutsch und Englisch, liegt, digital sig- niert, unter . Darauf kann man sich fortan berufen, wenn es um die Nutzung meiner Werke geht. Um meine Denkwege nachvollziehbar zu machen will ich sie nun erk- laeren. Damit hoffe ich das Ergebnis verstaendlich zu machen. Die Wahl einer passenden Lizenz. Mir wichtige Anforderungen an eine Lizenz sind ihre Bekanntheit, ihre Rechtssicherheit und ihre Klarheit. Creative Commons-Lizenzen bieten diese Vorteile: Sie sind ver- breitet. Sie sind akzeptiert. Sie haben bedeutende Nutzer. Sie werden aktiv betreut und damit nachgebessert. Sie sollten ziem- lich rechtssicher sein. Gleichzeitig sind sie verhaeltnismaessig verstaendlich geschrieben und nicht zu umfangreich. Und, nicht zu vernachlaessigen: Richard Stallman findet sie nicht grundsaet- zlich schlecht. CC-Lizenzen sind tendenziell (!) fuer alle Arten von Informa- tionen geeignet. Sie stellen damit einen sinnvollen Ausgangspunkt dar. Reine Softwarelizenzen sind fuer mich in diesen Ueber- legungen nebensaechlich, da ich diese bereits gut kenne und ich vor allem eine Lizenz fuer nicht-Software-Werke gesucht habe. Ex- otische Lizenzen sind per Definition wenig bekannt; ihre Re- chtssicherheit ist oft (auch deshalb) zweifelhaft. Es gibt sechs verschiedene CC-Lizenzen: BY, BY-SA, BY-ND, BY-NC, BY-NC-SA, BY-NC-ND. All dieses Lizenzen haben Einschraenkungen, welche sich in ihren Namen widerspiegeln. Die vier verschiedenen Einschraenkungen sind: BY, SA, ND, NC. Sie alle haben Vor- und Nachteile. NC (Non-commercial): Das Verbot kommerzieller Nutzung ist die schwammigste der vier Einschraenkungen. Niemand kann so recht sagen, wie sich eine kommerzielle Nutzung genau definiert. Ebenso ist unklar, wie man sie in der Praxis ueberpruefen und nachweisen soll. Einzig die massive kommerzielle Nutzung wird damit wirksam unterbunden werden koennen. Im Kleinen entsteht aber viel Unsi- cherheit -- das ist schlecht. Die NC-Einschraenkung basiert auf dem Denkansatz des ``entgangenen Gewinns''. Man will verhindern, dass Andere mit dem eigenen Werk das Geld machen das man auch selbst haette verdienen koennen. Diese gesamtwirtschaftliche Sichtweise ist aber nur dann relevant, wenn man tatsaechlich vor hat sein Werk zu ver- markten. Hat man das nicht vor, dann fragt sich, warum man Andere davon abhalten will diesen Aufwand zu betreiben (und dafuer eine ``Entschaedigung'' einzustreichen). Geht es nur um das Gefuehl von Neid, das man sich ersparen will? Man enthaelt also der Men- schheit lieber eine Moeglichkeit vor, nur weil man zu sehr Angst vor dem eigenen Neidgefuehl hat? ... ausser, man will sein Werk tatsaechlich vermarkten, dann ist die Ueberlegung ueber den entgangenen Gewinn tatsaechlich relevant. So oder so, man muss die Unklarheit, die Unsicherheit und die Frage der Nachpruefbarkeit dem eventuellen Vorteil der eigenen ausschliesslichen (Denn nur darum geht es!) Vermarktungsrechte gegenueberstellen. Lohnt sich dann die NC-Einschraenkung noch? Fuer mich ist die Sache hier klar: Ich will meine Werke nicht vermarkten. Ich habe auch kein Problem mit Neid. Ich vertraue auf das Gute im Menschen. Wozu brauche ich also NC? -- Ich brauche es nicht. ND (No Derivatives): Diese Einschraenkung unterbindet abgeleitete Werke. Sie garantiert, dass mein Werk nur in der Form verbreitet werden darf, wie ich es selbst veroeffentlicht habe. Richard Stallman verwendet diese Einschraenkung selbst. Er findet es wichtig, dass seine Worte eine persoenliche Aussage sind, die Darlegung seines Standpunktes, und damit nicht veraendert werden sollten bzw. muessen. Diese Sichtweise ist verstaendlich. Im Gegensatz zu Programmcode und Dokumentation muss untechnische Literatur nicht per se angepasst werden. Anpassungen beeinflussen ja auch den Kunstaspekt des Werkes, und da sind wir sofort im Hoheitsgebiet des Kuenstlers, des Urhebers. Allerdings gibt es zwei grosse Probleme dieser Einschraenkung: Uebersetzungen und die Formatabhaengigkeit. Uebersetzungen sind aufbauende Werke. Sie uebernehmen die Inhalte und verpacken sie in andere Worte. Uebersetzungen werden von fast allen als positiv erachtet, tragen sie doch zur Verbreitung des Werkes bei und machen es weiteren Menschengruppen zugaen- glich. Aber Uebersetzungen werden immer einen gewissen Freiheitsgrad haben muessen. Uebersetzer werden die Aussagen des Autors nicht immer voll zutreffend interpraetieren koennen. An- dere Sprachen werden nicht all die gleichen Ausdrucksmoegli- chkeiten bieten wie die Orginalsprache. Zu fordern, dass eine Ue- bersetzung ``sinnerhaltend'' sein solle, ist demnach unange- bracht, denn unmoeglich und zudem kaum nachpruefbar. Wer also (unauthorisierte) Uebersetzungen erlauben will, muss Abwandlungen zulassen. Das zweite Problem ist das Format. Wo beginnt denn eine Abwandlung? Schon beim Format? Ist es okay, wenn man PDFs statt Postscript-Dateien verbreitet und umgekehrt? Darf man das eine Office-Format in ein anderes konvertieren um die Datei auch auf modernen Systemen noch anschauen zu koennen? Ist die Konver- tierung von einem proprietaeren in ein freies Format in Ordnung? Und umgekehrt? Was ist mit Bilddateien? Wenn einem Autor die Schaerfe seiner Schrift wichtig ist, dann wird er die Rasterung von Pixel-Bildformaten vielleicht als Verschlechterung und damit als unerwuenschte Veraenderung empfinden. Und was ist mit einer Konvertierung in reinen Text, die fuer vielerlei Einsatzzwecke wuenschenswert ist? Dabei gehen aber die Schriftauszeichnung und die Detailtypographie verloren. Je nachdem was dem Urheber wichtig ist wird er dies vielleicht als inakzeptable Veraenderung empfinden. Aber: Indem man Abwandlungen verbietet, bindet man sein Werk an eine bestimmte Technolgie und macht es damit frueher oder spaeter unbrauchbar. Abwandlungen sind wertvolle Wertschoepfungen, die einem Werk viele Vorteile bringen koennen. Diese sind mir wichtig. Dass man eventuelle Nachteile abwehren koennen will, ist verstaendlich, aber muss man das explizit mittels des Urheberrechts tun? Ich meine, dass dafuer die guten Sitten das Mittel der Wahl sind. Wenn man sich nicht darauf einstellt viel vor Gericht zu ziehen um mit harten Tatsachen (d.h. auf Vertragsbasis) zu kaempfen, dann kann man vielleicht auch ganz gut auf die guten Sitten ver- trauen, ueber die man massive Faelle von boesartiger Manipulation vermutlich ebenso, wenn auch auf weiche Art, bekaempfen kann ... falls es je dazu kommt. SA (Share-Alike): Diese Einschraenkung faellt mir am schwersten zu bewerten, denn ich denke, dass sowohl der Share-alike-Ansatz (= Copyleft) wie auch der Verzicht auf ihn ueberzeugend sind. Das ist in erster Linie eine Philosophiefrage. Ich selbst bin in den vergangenen Jahren immer wieder mal von der einen zur anderen Po- sition gependelt. Am Copyleft gefaellt mir der Einsatz fuer die Menschheit. Andererseits macht es die Sache komplexer. Ich mag die groessere Einfachheit, die entsteht, wenn man diese Ein- schraenkung weglaesst. Fuer mich selbst ist diese Frage aber gar nicht so wichtig. Ich erstelle meine Werke nicht um damit zukuenftige Ziele zu erreichen. Ich schaffe fuer mich selbst. Ich schaffe, weil ich nicht anders kann. In schaffe sowieso. Da es mir quasi keine Nachteile erzeugt und da es mir gut tut, lasse ich die Menschheit an meinen Werken teilhaben. Ich stelle meine Werke zur Ver- fuegung. Damit ist mein Anteil geleistet. Damit ist die Sache letztlich fuer mich erledigt. Was dann passiert -- und nur das ist fuer Share-alike relevant, denn es schraenkt nur abgeleitete Werke ein -- ist mir prinzipiell egal. Ich habe keine Erwar- tungshaltung daran. Mein eigenes Werk ist und bleibt der Men- schheit in beiden Faellen frei zur Verfuegung gestellt. BY (Attribution): Die Namensnennungseinschraenkung ist Bes- tandteil aller sechs CC-Lizenzen. Sie ist auch Bestandteil quasi aller freien Softwarelizenzen. Dies ist nur zu verstaendlich, ist fuer die Meisten die Anerkennung doch der relevante Gegenwert, dessen sie sich sicher sein wollen, wenn sie ihr Werk Anderen zur Verfuegung stellen. Die Anerkennung ist die Motivation, die grosse Teile dieser Free Content-Bewegung antreibt. Ein Problem sehe ich jedoch auch hier. Es tritt auf, wenn zu- kuenftig immer oefter Werke aus einer Vielzahl an Quellen zusam- mengebaut werden, wenn grossflaechig Werke von vielen Personen verbessert werden und wenn die Remix-Kultur noch viel populaerer wird. Dann werden seitenlange Namensnennungslisten von beteiligten Urhebern die Folge sein. Ploetzlich wird dann die Namensnennung aller Beteiligten zur Last werden. Da geht es dann auch nicht um die Anerkennung relevanter Teile, sondern nur noch um Erfuellung von Lizenzbedingungen. Solche Namensnennungslisten laessen sich nur noch bei digitalen Texten vernuenftig umsetzen. Bei Ton- und Bildwerken stoesst man schon jetzt, mit wenigen Namensnennungen an die Grenzen. Bei stofflichen Repraesentationen (z.B. gedruckten Texten) sind lange Namensnennungslisten nur laestig. Auch mir ist es wichtig, dass die Menschen meine Arbeit anerken- nen und angemessen wuerdigen. Auch ich will gerne namentlich genannt werden, wenn meine Werke oder Teile daraus uebernommen werden. Aber ich will den Anderen dafuer keine Last aufbuerden. Ich will sie nicht dazu zwingen ihre eigenen Werke zu ver- schlechtern um all den Namensnennungsbedingungen nachzukommen. Ich will vielmehr, dass sie meine Arbeit aus freien Stuecken wuerdigen. Ich glaube, dass wenn sie ihnen wichtig ist, dann wer- den sie es auf die fuer sie angemessene Weise tun. Ich setze also wiederum auf die guten Sitten und auf das Gute im Menschen. Die Gesellschaft wird sich schon selbst darum kuemmern ihre Umgangs- formen auf angemessenem Niveau zu halten. Wenn sie das nicht tut, dann werden mir formale Bedingungen auch nicht viel helfen. Ja, mit dieser Einstellung werde ich ein paar ungewuerdigte und damit vielleicht unwuerdige Nutzungen meiner Werke erleben muessen. Das ist wohl der Preis dafuer, dass ich der Menschheit einen Vertrauensbonus entgegen bringe. Aber dafuer werde ich wenigstens erkennen, wer meine Arbeit wirklich schaetzt. Welche Lizenz solle ich waehlen? Sollte ich genau eine waehlen oder oder unterschiedliche fuer un- terschiedliche Werke? Die sechs CC-Lizenzen sind fuer Software ungeeignet; wohingegen Softwarelizenzen -- ich mag die MIT/X11/Expat-Lizenz und die ISC-Lizenz, kann mich aber auch teilweise mit der GPL anfreunden -- nicht fuer andere Arten von Werken geeignet sind. Ich muesste mich also zumindest fuer zwei verschiedene Lizenzen entscheiden. Das mag sinnvoll sein. Eine einzige Lizenz fuer alles waere dagegen die einheitlichste Loesung. Mir ist es sehr wichtig, dass meine Werke so frei wie moeglich sind. Nach Definition der Free Cultural Works (an denen auch Stallman beteiligt war) sind von den sechs CC-Lizenzen nur CC BY und CC BY-SA frei. Die NC- und ND-Einschraenkungen machen demnach Werke unfrei, also proprietaer. Und damit gehoeren sie jemand bestimmtem und nicht der Menschheit. Letztlich muss ich erkennen, dass fuer mich die Nachteile der vier Einschraenkungen groesser sind als ihre (vermeintlichen) Vorteile. Aber es bleibt noch die Lizenz ohne alle Einschraen- kungen uebrig: CC Zero (CC0). Eigentlich ist CC0 keine Lizenz, es ist eine ``Public Domain Dedication'', eine Erklaerung zur Entlassung des Werks in die Gemeinfreiheit. Da dies jedoch im deutschen Urheberrecht nicht moeglich ist, gilt dort die mi- tenthaltene Fallback-Lizenz, die das Werk der Gemeinfreiheit so nahe bringt wie das gesetztlich moeglich ist. Wenn ich damit auch alle Verwertungsrechte einraeumen kann, so bleiben mir im deutschen Rechtsraum dennoch die Urheberpersoenlichkeitsrechte erhalten, denn diese kann ich nicht los werden. Fuer die aller- schlimmsten Faelle bin ich so im deutschen Rechtsraum also immer noch grundabgesichert. CC0 ist auch fuer alle Arten von Werken geeignet, wodurch ich mit einer einzigen Lizenz alles erschlagen kann. In der Vielzahl anderer Lizenzen habe ich keine gefunden, die mir passender erschien. Kleinstwerke. Fuer bedeutendere Werke, also groessere Texte oder Programme, gibt es kein Umsetzungsproblem; ich muss die Lizenz einfach ange- ben und ihren Text moeglichst beifuegen. Im Verhaeltnis zum Gesamtwerk ist der Aufwand und der Umfang der Lizenz nebensae- chlich. Was aber ist mit all den kleinen Code- und Textschnipseln, all den Forenposts, all den Emails, und was ich sonst noch so tagtae- glich in grosser Menge und kleinem Umfang schaffe? Fuer all diese Werke -- insofern sie denn die Schoepfungshoehe ueberhaupt haben -- ist es zu aufwaendig oder zu stoerend eine Lizenz anzugeben. Aber ich will gerade auch diese Werke frei geben und bei ihnen eine Rechtssicherheit bieten. Ich will all diese Werke ein fuer alle Mal der Menschheit schenken. Darum strebe ich eine um- fassende Erklaerung fuer alle meine Werke an. Private Werke. Meine bisherigen Ausfuehrungen hatten veroeffentlichte, und damit die der breiten Masse zugaenglichen Werke im Fokus. Wie aber sieht es bei Briefen, Emails, Notizen, Tagebuechern und sonstigen nicht-oeffentlichen Werken aus? Diese stelle ich ja nicht selbst aktiv der Oeffentlichkeit zur Verfuegung. Zunaechst sind das private Geschenke an bestimmte Zielpersonen oder an mich selbst. Lizenzen sind dafuer nur relevant wenn die Anderen die Werke auf sonstige Weise nutzen wollen. Die Information aufnehmen, abspeichern und zum privaten Gebrauch kopieren zu duerfen wird wohl erlaubt sein wenn man beispielsweise eine Email erhaelt. Die Mail aber weiterzugeleiten und so anderen Personen zugaenglich zu machen ist zwar die gaengige Praxis, zugleich aber ein rechtlich- er Graubereich. Wie schoen waere es, wenn ich meine Freunde aus diesem Graubereich auf sicheres Land helfen koennte! Deshalb liegt mir so viel an einer Standardlizenz fuer alle meine Werke, seien es Emails oder auch nur Notizen. Nun enthalten Briefe und dergleichen oft private Informationen. Eine Lizenz die Allen alles erlaubt, wie sie fuer oeffentliche Werke vielleicht sinnvoll sein mag, erscheint bei privaten Briefen untragbar. Diesem ersten Gefuehl will ich entgegen treten: Ein privater Brief an einen Freund ist der Ausdruck meines Vertrauens zu ihm. Ich schreibe ihm Privates, weil ich meine, dass er dessen wuerdig ist. Ginge ich davon aus, er wurde die vertrauliche Information gegen meinen Wunsch weiterstreuen, dann wuerde ich sie ihm gleich gar nicht mitteilen. Ich schreibe ihm aber und vertraue dabei darauf, dass er sie angemessen behan- delt. Was aendert daran nun eine Lizenz? -- Nur weil er etwas darf wuerde er ja doch nicht wider seiner Einschaetzung der Si- tuation und meines vermuteten Wunsches handeln. Er wuerde sich des Vertrauens wuerdig erweisen wollen. Durch eine Lizenz, die ihm aber jede Art der Nutzung erlaubt, gebe ich ihm alle Moegli- chkeiten sich nach seinem eigenen Verstaendnis angemessen zu verhalten ohne rechtliche Graubereiche betreten zu muessen. Mein Brief an den Freund soll ein vollstaendiges Geschenk sein. Ich will sagen: Dies ist fuer dich, in jeder Weise. Ich vertraue dir. Handle wie immer du es angemessen und in unserem gemeinsamen Sinne findest. Ich habe keine Angst, denn haette ich Angst, dann wuerde ich ihm gar nicht erst im Vertrauen schreiben. Und Tagebuecher? -- Informationen die in meinem eigenen Besitz sind, sind Anderen vorenthalten. Damit ist die Rechtssituation erstmal unerheblich. Meinen Besitz werden eines Tages meine Erben erhalten. Diese erben auch alle Rechte daran. Damit waere keine Lizenz noetig, sie schadet aber auch nicht. Indem ich meine Werke -- (fast) alle meine Werke -- aber unter eine freie Lizenz stelle taetige ich eine Aussage meiner grundsaetzlichen Meinung zu diesem Thema: Ich sage, dass ich meine Arbeiten der Menschheit nicht vorenthalten sondern ihr anbieten will. Diese Aussage soll jedem gegenwaertig sein, der mit mir in Kontakt kommt. Diese Sichtweise soll auch das Verhalten meiner Erben bestimmen. Not- falls soll diese Willenserklaerung auch helfen Streitfaelle ueber Rechtesituationen nach meinem Tod zu klaeren. Wie steht es aber, wenn jemand Aussenstehendes zu Besuch ist In- formationen die eher privater Natur sind getreu seiner Rechte ko- piert und verbreitet? -- Ich glaube, dass man viel zu oft diese Horrorszenarien anfuehrt, wo sie in der Praxis und fuer ein posi- tives Menschenbild kaum relevant sind. -- Wie auch bei den an- deren moeglichen Problemfaellen vertraue ich hier auf die guten Sitten. Wenn es sich um offensichtlich privates Material handelt, dann ist es unethisch dieses zu veroeffentlichen. Wer das trotzdem tut (ohne ueberzeugende Gruende zu haben) soll auf der sozialen Ebene dafuer bestraft werden. Ist die reale Situation heute denn nicht anders? Was aendern denn vorhandenen oder nicht vorhandenen Rechte daran? Heute kuemmert man sich ebenso wenig darum wie man sich zukuenftig darum kuem- mern wird. Meine Lizenz aendert auch nichts daran ... ausser, dass die Nutzung im guten Sinn jetzt auf rechtlich sicherem Boden steht. Viel staerker als die unwahrscheinlichen Problemfaelle wiegen fuer mich die Moeglichkeiten und die Rechtssicherheit, die ich fuer die sinnvolle und wohlwollende Nutzung schaffe. Ergebnis. Ich will, dass meine Werke der Menschheit gehoeren. Sie sollen gemeinfrei sein. Ich will schenken, nicht aber gleichzeitig ver- langen. Keinen Zwang will ich auferlegen, nur eine Bitte loswer- den: Die Bitte um eine angemessene Wuerdigung. Und so sehe ich in der Public Domain Dedication CC0 die fuer mich passendste Regelung der Rechte an meinen Werken. Die Zukunft. Nun weiss aber auch ich nicht was die Zukunft bringt. Auch ich tue mich schwer damit, mich fuer immer festzulegen. Auch ich habe Zweifel. Was ist mit besonderen Werken, die ich vielleicht noch nicht mal absehen kann? Was ist mit zukuenftigen Beduerfnissen, die mir jetzt fremd sind? Es bedarf einer Moeglichkeit mich in Einzelfaellen doch anders zu entscheiden. Sie haelt mir die Zukunft offen. Das finde ich wichtig. Klar ist, dass dies nur zukuenftige Werke betrifft, denn kein Werk, das einmal unter CC0 steht kann je wieder ``zurueck geholt'' werden. Ich werde mich also vor jeder Veroef- fentlichung entscheiden muessen. Das finde ich gut. Mir geht es weniger um die 100% als vielmehr um die 90% statt der ueblichen 20%. Ich wollte eine Standardlizenz fuer meine selbst erstellten Werke, einen sinnvollen Fallback, der immer dann gilt, wenn ich mich nicht explizit anders entscheide. Der normale Fall- back ist, dass das Werk unfrei und damit der Menschheit vorenthalten ist. Jetzt habe ich diesen Fallback umgekehrt: Nun gehoeren meine Werke immer dann wenn ich nichts Besonderes unter- nehme der Menschheit. In den speziellen Faellen in denen ich die Rechte an einem Werk in anderer Weise regeln will nehme ich den Mehraufwand dieser expliziten Regelung (durch die Vergabe einer anderen Lizenz) gerne in Kauf. [0] http://marmaro.de/rights http://marmaro.de/apov/ markus schnalke