2013-09-25 herz und hirn Freundschaft Und ein Deja-vu Was bedeutet Freundschaft? Man weiss einfach, wenn eine Freundschaft gut, tragfaehig ist. Schon wie wir uns begruessten zeigte wo unsere Freundschaft inzwischen steht. Es war abends, schon dunkel. Ich kam vom Ein- kaufen. Ein Pack Milch, das war alles. Fuer's Fruehstueck morgen. Die Wohnung ist schon leer, der Hausrat umgezogen. Ich bin nur noch halb da; halb bin ich schon weg. Fast wie auf der Reise, weiterziehend ... Wie in Lateinamerika. Mir ist das erst bewusst geworden als ich aus dem Supermarkt kam. Drinnen war's kuehl gewesen, mit Leuchtstoffroehrenlicht. Der kleine Einkauf, gerade fuer den direkt anstehenden Bedarf, kein Ballast. Dann trat ich hinaus. In die warme Abendluft. Und da war es, das Deja-vu. Die Vertrautheit der Situation. Es war etwas zu warm ... ueber- raschend warm ... irritierend warm. Als ich rein gegangen bin kam es mir nicht so warm vor. Es kann nicht so warm gewesen sein. Wie lange war ich drinnen gewesen? Ich habe doch nur die Milch gekauft. Es kann nicht lange gewesen sein. Und doch, es kommt mir vor wie ein anderes Aussen in das ich zurueck kehre. Wie wenn der Supermarkt ein Portal zu einer anderen Seite des Globuses waere. Ich stand da und versuchte mit den Einfluessen des Augenblicks klar zu kommen -- zurueckversetzt in das Leben vor ... warte, inzwischen fast drei Jahren. -- So lange ist das schon her? Es war wie wenn die Zeit ploetzlich langsamer verstreichen wuerde. Die Ruhe und Gelassenheit der damaligen Zeit huellten mich ein. Warum flotten Schrittes laufen wenn ich auch dahin schlendern kann? Warum an nacher denken oder auf die Uhr schauen, wenn ich auch im Augenblick leben kann? Hatte ich das schon ver- gessen? Vielleicht nicht theoretisch aber doch praktisch. Die Geschaeftigkeit der Umgebung, ihre staendige Zeitbestimmtheit, hat mich eingenommen. Gegen die permanenten Einfluesse der Umwelt kann man sich ja doch nicht wehren, jedenfalls nicht langfristig. Heute aber war ich ausgebrochen, war rausgerissen worden, war durch ein Portal in eine andere Welt getreten. Es dauerte an. Ich schlenderte durch die warm erleuchteten abendlichen Strassen. Die warme Luft huellte mich ein. Sie umgab mich wie Watte. Die Welt floss aussen vorbei. Das insektenhafte Treiben und der om- nipraesente Verkehr waren wie im Traum. Meine Ruhe wurde nicht gestoert. Meine Zeit floss in Zeitlupe. So schlenderte ich heimwaerts, erstaunt und geniessend ob dieser unerwarteten Umstaende. Er wartete schon. Ich beschleunigte meinen Schritt nicht als ich ihn am Ende der Strasse stehen sah. Es machte keinen Unterschied. Wir traten ein, machten es uns bequem, so gut es ging in dem kahlen Zimmer. Mir war nach Musik, unbaendig war mir nach Musik. Welch ein Glueck, dass ich den Plattenspieler noch da hatte. Die Wahl der Scheibe war instinktiv klar. Musik haengt an Situa- tionen, ebenso wie Gefuehle. Musik sind Gefuehle. Ich gab meinen nur Ausdruck. Ich haette einfach nur so da liegen koennen. Lieber noch mit Ihr im Arm statt mit Ihm neben mir. Diese Wahl bestand nicht. Der Abend war mir auch zu wichtig um ihn einfach verstreichen zu lassen. Es haette auch nicht funktioniert, einfach so dazuliegen und zu traeumen. -- Haette es nicht? Wie gut kennen wir uns wirklich? Wie sehr behindert uns uns dabei diese Kluft an dieser einen Stelle? Konnte ich es mir deshalb nicht vorstellen? Wo ist die emotionale Ebene bei uns? Wir sind immer so sachlich. Und doch, er bietet so viel Tiefe und Substanz, dass ich keine Sekunde an ihm zweifle. Unerheblich aller Emotion, bei ihm bin ich mir so sicher wie bei keinem sonst. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke