2013-03-14 the real world Digitale Buecher Die Natur der Sache Ich habe das Gefuehl wie wenn viel zu selten strukturierte, lo- gische Gedankengaenge die Ergebnisse herbei fuehren. Vermutlich ist die Gesellschaft zu wenig Mathematiker um den Sinn und die Qualitaet dieses Ansatzes zu erkennen. Gesetze, Regelungen, Handlungsweisen funktionieren dann gut wenn sie strukturell der Natur der unterliegenden Sache entsprechen. Die Regelung muss in ihrem Aufbau und in ihren Kernkomponenten ein Abbild der zu regelnden Sache darstellen. Ist dies nicht der Fall, oder ist es durch sich aendernde Umstaende nicht mehr der Fall, so kommt es zwangslaeufig zum Konflikt. In dieser Kon- fliktphase mag die unpassende Regelung temporaer mit Gewalt zu halten sein, langfristig wird sie sich jedoch der Realitaet geschlagen geben muessen. Waere es da nicht sinnvoll die Konflik- phase wegzulassen und die kuenstlichen Regeln gleich der Natur der Sache anzupassen? Wer kann heute noch das damalige Festhalten am ptolemaeischen Weltbild gutheissen? Wer kann die Leiden die dadurch entstanden verantworten? Die Geschichte lehrt die Menschen, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt. -- Mahatma Gandhi Wir sind heute am gleichen Punkt wie damals. Wie damals bei Galileo begreifen die Menschen die Natur der Sache nicht. Sie begreifen nicht was die Digitalitaet von Informationen bedeutet. Sie koennen nicht begreifen wie grundlegend dies unser Weltbild aendert. Sie sehen nicht, dass dies der Beginn eines neuen Zeitalters ist. Dabei haetten sie zwei bedeutende Vorteile gegenueber den Zeitgenossen Galileis: Zum einen ist die Geschichte Galileis bekannt und zum anderen mangelt es ihnen nicht an Fernrohren. Es mangelt nur an Fantasie und Konsequenz. Bislang waren Buecher gedruckt. Zukuenftig werden Buecher zumeist digitale Objekte sein. Entscheidend ist dabei, dass man nicht dem Irrglauben verfaellt, man koennte Ebooks auf die gleiche Weise behandeln und bedenken wie gedruckte Buecher. Das digitale Buch hat eine andere Ausgangsbasis. Die Kosten gedruckter Buecher haben einen fixen und einen varia- blen Anteil. Der fixe Anteil umfasst die urheberische Leistung des Autors und die Lektor-, Textsatz- und aehnliche Leistungen, ueblicherweise des Verlages. Diese Kosten sind unabhaengig von der Anzahl gedruckter Exemplare. Der variable Anteil umfasst die Druckkosten der Exemplare, ihr Transport, die Lagerung, der Ver- kauf und aehnliches. Ueblicherweise werden alle Kosten durch den Verkauf von gedruckten Exemplaren gedeckt. Die Fixkosten werden dabei anteilig auf die Exemplarkosten aufgeschlagen, abhaengig von der erwarteten Anzahl verkaufter Exemplare. Digitale Buecher dagegen haben ausschliesslich Fixkosten. Da die Generierung von weiteren Exemplaren quasi kostenlos ist entstehen nur die Kosten der Produktion des Werkes an sich. Dieser Fixkos- tenanteil setzt sich ebenso zusammen wie bei herkoemmlichen Buechern. Zur Zeit werden die Kosten der Produktion digitaler Buecher, die reine Fixkosten sind, ausschliesslich anteilig ueber die selbst kostenfreien weiteren Exemplare finanziert. Das alleine scheint schon widersinnig, koennte aber verstanden werden, wuerde dieser Ansatz die Sache vereinfachen. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ja sogar aeusserst schwer, wenn nicht unmoeglich, die kostenlose und technisch sowohl einfache wie auch natuerliche Generierung weiterer Exemplare zu beschraenken. Das Abrechnungsmodell ist durchweg unpassend. Es ist nur ueber den Wunsch am Alten fest- zuhalten begruendbar und letztlich wird es nicht haltbar sein. Alles deutet auf die Notwendigkeit hin, dass das Finanzierungsmo- dell angepasst werden muss. Wie sehr wuerde sich doch das Regelwerk vereinfachen wenn die kostenlosen, identischen und technisch doch nicht verhinderbaren Kopien beliebig erstellt werden duerften! Wie sehr wir von dieser Einfachheit, Klarheit und den dadurch entstehenden Moeglichkeiten profitieren wuerden! Diese Welt sollte sich lohnen anzustreben. Die offene Frage ist natuerlich wie die Produktions(fix)kosten des digitalen Buches dann gedeckt werden. Zeil der Ueberlegung muss es sein, diese Frage unter Ausschluss der variablen Exem- plare zu loesen. Fixe Kosten sollten einmalig gedeckt werden, denn das entspricht ihrer Natur. Ein moeglicher Loesungsansatz ist Crowd Funding. Dabei wird vor Beginn der Produktion der Bedarf und das Vertrauen in das Projekt evaluiert. Im Print-Modell geschieht dies auch jetzt schon, al- lerdings vom Verlag anhand seiner Einschaetzung. Zukuenftig wuer- den die zukuenftigen Leser ihr Interesse am zu schreibenden Buch bekunden und Anzahlungen leisten. Waere genug Interesse und Ver- trauen vorhanden, dann wuerden die Fixkosten gedeckt und das Buch produziert. Man kann sich an dieser Stelle problemlos verschiedene Fer- tigungsqualitaeten vorstellen, die je nach Interesse realisiert werden oder nicht. Das ist heutzutage auch nicht anders. Manche Buecher erscheinen mit Schmuckumschlag und Goldschrift, andere nur als Taschenbuch. Und waere kein Vertrauen in das Projekt vorhanden, dann wuerde es gar nicht finanziert werden. Auch das ist nicht neu. Neu ist, dass Fixkosten als solche gedeckt werden und neu ist auch, dass das Reglement deutlich einfacher, klarer und den technischen Gegebenheiten angemessen ist. Nicht zu vergessen, neu ist auch, dass die Verlage ihre behuetete Stellung verlieren und sich im freien Wettbewerb eine neue, angemessene Position erarbeiten muessen. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke