2012-09-23 gesellschaftsanalyse Aufstieg zum Freidenker und die grosse Schande Das komplette Handeln eines Saeuglings ist reflektorisch. Beruehrt man seine Handflaeche, dann schliesst er die Hand. Beruehrt etwas seine Lippen, dann versucht er daran zu saugen. Plagt ihn irgendetwas, dann schreit er. Sein Handeln beinhaltet keine bewusste Entscheidung; er ist vollstaendig reflexgesteuert. Ein Kind kann bewusst entscheiden, seine Welt folgt aber weiterhin Wenn-Dann-Regeln. Wenn die Mama zum Essen ruft, dann muss das Kind kommen. Bevor es sich an den Tisch setzt, muss es sich die Haende waschen. Wenn es etwas geschenkt bekommt, dann hat es sich zu bedanken. Das Kind kann zwar ein Trotzkopf sein, aber es muss doch gehorchen. Jugendliche haben mehr Freiheiten und entscheiden dafuer selbst. Sie lernen zu eroertern und zu argumentieren, denn sie erkennen, dass die Welt komplizierter ist als Wenn-Dann-Zusammenhaenge aus- druecken koennen. Es gilt abzuwaegen ob man Hausaufgaben macht oder lieber mit den Freunden abhaengt. Dann werden die Jugendlichen Erwachsene. Aus Vormuenden werden Gleichgestellte, aus Lehrern werden Professoren. Die Erwachsenen erkennen abermals, dass ihre bisherige Weltsicht unzureichend ist um die Realitaet zu beschreiben. Sie erkennen, dass alles ver- netzt ist und staendig im Wandel und zudem sind nur selten vollstaendige und definitive Informationen vorhanden. Gesamtheitliche Betrachtungen und Abwaegungen sind jetzt das Mit- tel der Wahl, sei es fuer eine Geldanlage oder fuer die Studium- sorganisation. Setzen wir noch eine Stufe darauf. Nachdem im Studium zum Selbst- denken angeregt worden ist, hat dies der Mensch tatsaechlich gelernt. In seinen letzten Semestern akzeptiert er nicht einfach was ihm vom Professor erzaehlt wird sondern er hat sich sein eigenes Bild gemacht. Was ihm erzaehlt wird ist fortan Inspira- tion und nicht mehr Wahrheit. Er arbeitet an seinem eigenen Bild der Welt und hat nun selbst etwas weiterzugeben. Er ist zum selbststaendigen und denkenden Menschen geworden. Er hat die hoechste Stufe erreicht. Das einzige was ihm jetzt noch fehlt ist Erfahrung und die braucht Zeit. Dieser Mensch beschliesst beruflich einen Seitenzweig zu nehmen, sein Wissen in einem anderen Bereich anzuwenden, in einer verwandten Welt taetig zu sein. Dafuer beginnt er eine Zusatzaus- bildung die ihm diese noch fremde Welt bekannt machen soll auf dass er sich dann gut in ihr einbringen kann. Da steht er nun, unser denkende Mensch und soll ausgebildet wer- den. Er soll belehrt werden und soll zur Schule gehen. Er soll Wahrheiten aufnehmen und tun was ihm gesagt wird. Und so findet sich der Freidenker ploetzlich in jenen Niederungen wieder denen er vor Jahren mit grossen Erfolg entstiegen ist. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke