2012-07-31 the real world Kauflust und Sammeltrieb Mir wird immer wieder gesagt, dass ich sparsam sei. Das mag so sein; das mag so gewesen sein. Ich bin mir nicht sicher ob diese Aussage gerechtfertigt ist. Es kommt mir so vor als ob meine Sparsamkeit nur eine Folge meiner Lebensweise ist; dass sie nur daran liegt, dass ich einige Dinge nicht brauche. Von gezielter Sparsamkeit kann aber kaum die Rede sein. Die faellt mir haeufig schwer. Ich habe Gelueste die zu unnoetigen Kaeufen fuehren. Das ist im Normalfall kein Problem, da sich die Ausgaben dennoch in akzeptablen Regionen halten. Aber die Kaeufe sind manchmal zu emotional motiviert. Grundsaetzlich mag ich Emotionalitaet im Agieren, denn sie zeigt was einem wichtig ist. Ist ihr Anteil aber zu hoch, dann schlaegt sie ins Negative ueber. Ich bin mir unsicher wie die Situation bei mir liegt. Als ich Freunden erzaehlt habe, dass ich mir einen rein mechan- ische Schreibmaschine ersteigert habe, fanden die das super. Sie fangen die Tatsache toll obwohl ich klar zugeben musste, dass ich kein Anwendungsszenario fur die Schreibmaschine habe. Objektiv betrachtet war es ein reiner Lustkauf -- ein gutes Gefuehl fuer das ich bereit war maximal zehn Euro auszugeben. Die Einsicht, dass die Situation eben so ist, gefaellt mir nicht. Irrationale Lustkaeufe entsprechen mir nicht, und dass ich trotz der Un- passendheit der Kaufs zum jetzigen Zeitpunkt doch gekauft habe stimmt mich besorgt. Ich stehe durchaus zu rein gefuehlsmotivier- ten Taten, solange sie die Ausnahme sind. Keinesfalls duerfen sie die sachliche Entscheidung in irgendeiner Regelmaessigkeit ausser Kraft setzen, denn an dieser Stelle liegt der Uebergang zur Sucht. Nun hatte ich gestern noch Zeit in der Stadt und habe den Plat- tenladen besucht. Ich weiss, dass dieser Aktion oft auch eine Kaufaktion folgt und doch habe ich micht nicht vor dem Betreten fuer oder gegen einen Kauf entschieden und dessen Maximalbetrag festgelegt. Die Vorraussetzungen waren also bestens fuer einen Lustkauf. Man kann das natuerlich auch positiv sehen: Ich mag Schallplatten und bin bestrebt meine Sammlung auszubauen. Dazu kaufe ich immer wieder mal eine Platte, in der Art wie andere ins Kino gehen. Ueber die Jahre ist mein Anspruch an die Platten gewachsen. Statt Samplern fuer zwei Euro kaufe ich nun normalerweise bekannte Al- ben bekannter Kuenstler. Fuenf Euro pro Album ist dabei auch nicht mehr das obere Limit, was bei den Preisen im Laden auch gar nicht haltbar ist. Online komme ich guenstiger weg, aber ich kaufe bewusst auch im Laden weil mir wichtig ist, dass er sich haelt. Ich hatte ``Love over Gold'' von den Dire Straits schon vor Mon- taten gesehen, mich aber angesichts des Preises darum gedrueckt. Als ich gestern in den Laden trat war das natuerlich im Hinter- kopf. Meist stoebere ich durch die Faecher und schaue was mich anspricht. Es waren auch einige Dylan-Platten da, aber bei Zahlen groesser zehn auf den kleinen, weissen Klebern blaettere ich im Normalfall gleich weiter. Dabei ist mir schon klar, dass ich in so einem Laden so eine Platte kaum guenstiger kriegen werde. Aber ich will ja auch nicht viele Platten kaufen, nur ab und zu ein Schaeppchen machen, das reicht schon. Am Ende ging ich mit ``Love over Gold'' und einer Platte von Dylan mit zweistelligem Kaufpreis aus dem Laden. Dabei sind Plat- ten mit zweistelligem Kaufpreis die absolute Ausnahme in meiner Sammlung. Okay, haette ich mehr Platten von Dylan dann waere das wohl auch anders. Nichts desto trotz zweifle ich daran ob die Kaufentscheidung sachlich genug war oder selten genug im anderen Fall. Ich stoere mich daran, dass ich bei guten Platten, und auch bei Buechern ueber das fruehe Unix, kaum widerstehen kann. Mich stoert, dass ich diese Dinge oft zu emotional kaufe. Ich befuerchte, dass meine Kaufentscheidung bei diesen Dingen nicht so frei ist wie sie sein sollte. Ich mag meine Plattensammlung und ich mag den Inhalt meines Buecherregals. Ich mag die Zusammenstellung. Und doch blicke ich leicht besorgt in die Zukunft. Wie wird mein Kaufverhalten dafuer in zehn Jahren aussehen? http://marmaro.de/apov/ markus schnalke