2010-03-18 the real world Gedanken zum Studieren Übungen, Feedback, Kommunikation Manche Vorlesungen beinhalten Übungsbetrieb. Entweder die Übungen sind freiwillig oder man braucht eine Mindestanzahl an Übungspunkten um zur Klausur zugelassen zu werden. Freiwilligen Übungen haben das Problem, dass sie oft nicht gemacht werden. Pflichtübungen, dagegen, haben das Problem, dass es bei ihnen oft nur darum geht, die Punkte zu erhalten. Ich hatte im letzten Semester beide Arten von Übungen. Insgesamt gesehen ist es traurig, wie sehr oben genannte Probleme bei mir vertreten waren. Schade, dass ich viele Übungen nicht gemacht habe, und schade, dass ich viele Übungen nur für Punkte gemacht habe. Ich muss zumindest zugeben, dass mich manche der Pflichtübungen dazu gebracht haben, was zu tun, das ich sonst nicht gemacht hätte, wo ich aber froh bin, dass ich es getan habe. Leider hatte ich auch ziemlich viel Stress durch die Übungen. Ein paar bedeutende Ausnahmen gab es im Übungsbetrieb. In einer Aufgabe sollten wir deine Wegsuche im Labyrinth program- mieren. Der Knackpunkt war, dass mich dieses Problem reizte -- vor allem noch dann reizte, als ich die erste funktionionsfähige Version fertig hatte. Es lief schließlich darauf hinaus, dass ich sieben verschiedene Versionen, zum Teil in C, zum Teil in awk, programmierte. Das war mal einen richtig erfolgreiche Übung. Letztlich erhielt ich für meine Anstrengungen, wegen (angeblich) schlechter Lesbarkeit und zu wenigen Kommentaren nur etwa die Hälfte der Punkte. Dass meine Motivation danach im Keller war ist sicher nicht verwunderlich. In einer anderen Vorlesung galt es, sich mit dem C-Preprozessor zu beschäftigen. Man sollte mittels Macros allerlei Textersatz machen. Nun war der Eingabetext versehentlich nicht ganz aufbereitet und an einigen Stellen gab es kleine Inkonsistenzen. Den meisten anderen fielen sie gar nicht auf, oder sie ignorier- ten sie, denn sie sahen schon sehr nach einen Versehen aus. Ich jedoch schraubte so lange an den Macros bis auch die letzte Unregelmäßigkeit korrekt behandelt wurde. Auch hier führte der Experimentiertrieb, gepaart mit der Zeit sich darauf einlassen zu können, zum großen Lernerfolg. Ich glaube nicht, dass es Studenten am Experimentiertrieb fehlt, aber an der Zeit fehlt es, und deshalb ist der Lernerfolg geschmälert. Eine weitere Sache ist ganz entscheidend für den Lernerfolg: Das Feedback. Doch gerade das ist Mangelware. Wir nehmen ein Semester lang Informationen auf, dann Lernen wir für eine Prüfung, reproduzieren die gelernten Informationen so gut es geht, und dann bekommen wir zwei Ziffern und einen Dez- imalpunkt. Was sagt das schon? Was richtig und was falsch war, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen, was man ändern sollte, Tipps für die Zukunft, all das wird jedenfalls nicht übermittelt. Man kann ja schon seine Klausuren einsehen, doch das bedeutet einen Mehraufwand. Das Feedback ist zentral für den Lernerfolg, sollte es demnach nicht auch erstklassig in die Lehre eingebaut sein? Ja, sollte es. Dann noch das Thema Erfahrungsaustausch. Vermutlich leide ich da ein wenig unter lokalen Bedinungen; zu- mindest ist es in anderen Studiengängen anders. Im Hauptstudium und Master ist man nicht mehr der kleine, unwissende Student der nichts gegenüber den Lehrenden ist. Man hat seine eigene Meinung gebildet und seine Position erörtert. Es gibt Themenbereiche bei denen man den Lehrenden gleichgestellt ist und welche bei denen man ihnen überlegen ist. Man sieht Pro- grammieren nicht mehr so wie man das in ``Java 1'' beigebracht bekommen hat, sondern hat eigene Ansichten entwickelt. Wieso ist die Diskussion dieser Ansichten nicht ein wichtigen Bestandzeit des Studiums? Doch statt dass man sich von der Schule löst, wird studieren im- mer noch verschulter. Statt dass Individualismus und Formung von eigenen Standpunkten gefordert wird, soll alles noch einheitlicher werden. Statt dass man selbstständig zu denken lernt, lernt man zu repro- duzieren. Es ist ein Irrweg! http://marmaro.de/apov/ markus schnalke