2009-10-14 gesellschaftsanalyse Erwartungshaltung Jedem die volle Auswahl Da erzählt mir jemand, sie wäre mal im Winter um 18 Uhr im Super- markt gewesen und es hätte keine Gurken mehr gegeben. Wie das denn sein könne; ob die denn nicht mehr auf Vorrat haben können. Dieses Ereignis ist schon länger her, wäre damals aber schon Grund für einen Artikel gewesen. Irgendwie wurde halt nichts draus. Heute, in der ersten Vorlesungswoche, ist es mir erneut in den Sinn gekommen. Wenn die Studenten Wahlmöglichkeitne haben wird das Festlegen der Vorlesungszeiten zu einem noch größeren Problem. Nicht nur müssen alle Veranstaltungen untergebracht werden, sie sollen möglichst nicht früh morgens oder spät abends sein. Die eigentliche Schwierigkeit sind aber die Doppelbelegungen. Es ist unvermeidbar, dass Veranstaltungen zu gleichen Zeiten stattfinden. Optimalerweise teilen sich solche Veranstaltungen einen Slot, die selten gemeinsam gewählt werden. Bei vielen Stu- denten die alle individuell wählen und das erst wenn der Stunden- plan schon steht, ist es erstaunlich, dass es überhaupt so gut klappt. Aber zurück zu heute. Der Prof fragte ob es denn Zuhörer gäbe, bei denen es zu Überscheidungen mit seiner Vorlesung kommt. Gut fünf Prozent meldeten sich. Er bot dann an, dass er die Vorlesung auch auf einen Früh-Morgens-Termin legen könne. Der Vorschlag be- geisterte natürlich wenig. Andere Termine seien leider schon al- leine wegen der knappen Räumlichkeiten problematisch. Das Thema war dann aber nicht vom Tisch, denn der Prof meinte, er wolle sich nach Optionen erkundigen. Wenig später in einer anderen Vorlesung das gleiche Spiel. Es ist eine nette Geste wenn sich der Prof erkundigt und für Studentenwünsche offen ist, doch das betrifft doch eher den Fall dass dreißig Prozent ein Terminproblem haben und ein Verlegen möglich ist. Wenn ein paar Einzelne ein Terminproblem haben und zudem keine guten Alternativen existieren, dann kann ich nur sagen: So what?! Man kann auch fragen: Haben die ein Terminproblem, oder ein Entscheidungsproblem? Wenn zwei Hochzeiten gleichzeitig sind, kann man ja auch nicht auf beiden tanzen, außer man verpasst jeweils die Hälfte. Nicht anders ist es bei Vorlesungen. Dann aber kommt die On-Demand-Generation mit ihrer Erwartungshal- tung: Wenn ich im Winter abends in den Supermarkt gehe, muss ich eine Gurke kriegen wenn ich eine will. Überhaupt will ich auch um halb zehn noch einkaufen können wenn's mir zuvor noch nicht eingefallen ist. Wenn ich meine Vorlesungen wählen darf, dann will ich auch beliebige Kombinationen überschneidungsfrei wählen können, und das ohne früh morgens aufstehen zu müssen, natürlich. Ich will auch jede beliebige Vorlesung wählen und beliebig zuord- nen können. Überhaupt soll jeder immer und überall die gleichen Chancen, die gleichen Möglichkeiten und die gleiche Auswahl ha- ben. Dies mögen nette Wünsche sein, doch keine realistischen. Und wenn man mal in Ruhe darüber nachdenkt was für Konsequenzen dadurch entstehen (müssen), dann will man es vielleicht gar nicht. Das muss hier aber nicht entschieden werden. Zum Schluss noch ein schönes, positives Beispiel von Gestern: Da gibt es dieses griechische Lokal. Der Besitzer kümmert sich um allen Kundenkontakt, seine Frau kocht. Er ist sicher über sechzig, man muss ihm manches zweimal erklären, aber man muss ihn einfach gern haben. Wir gehen dort regelmäßig mit einer größeren Gruppe hin. Als wir Gestern da saßen kam er schon mit den ersten Getränken bevor wir überhaupt bestellt hatten -- quasi auf Verdacht, weil immer jemand ein Apfelschorle trinkt. Es war dann auch kein Problem die Getränke an den Mann zu bringen ... und manch einer hat dann halt ein Apfelschorle getrunken, weil's ja doch keinen großen Unterschied macht. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke