2020-07-02 the real world Die Freude am Schreiben Handtaetigkeit Schreiben ist etwas das ich gerne tue. Schreiben bedeutet Denken fuer mich. Schreiben bedeutet auch Dialog. Schreiben ordnet. Immer wieder fehlt mir all das. Ich moechte schreiben weil mir der Prozess gut tut. Am liebsten schreibe ich auf Papier (jedenfalls diese Art von In- halten). Gerne schreibe ich mit dem Fueller, aber Bleistift und Kuli sind ebenso recht. Immer wieder denke ich an den Suetterlin-Briefwechsel mit Anna zurueck. Es war mir einfach eine Freude, diese anderen Buchstaben zu schreiben, den anderen Schreibrhythmus aufzunehmen, im Kopf umzuschalten und dann das veraenderte Schreiberlebnis zu geniessen. Der Wechsel zwischen Bleistift und Fueller ist aehnlich, bloss weniger stark, oder der Wechsel zwischen Normal- und Schoenschrift. Mit Links zu schreiben war eine aehnliche Er- fahrung. Dort ist die Herausforderung nicht die anderen Buchsta- ben, sondern die fehlende Feinmotorik ... also mehr die Schreib- technik. Das bildet den Uebergang zum Schreibmaschinenschreiben. Auch dies war eine schoene Erfahrung einer anderen Schreibtechnik, wenn man so will. Leider etwas laut und fuer die Finger belastend. Das Schreiben damit ist aber eine eigene Erfahrung. Der Vergleich zum Computer ist vielleicht so aehnlich wie zwischen Bleistift und Fueller: An sich ist es schon das Gleiche, aber im Detail gibt es dennoch viele Unterschiede, die das Schreiberlebnis zu einem an- deren machen. Auf dem Computer tippen zu koennen bedeutet nicht gleichzeitig auf der Schreibmaschine tippen zu koennen, wie auch mit dem Bleistift schreiben zu koennen nicht bedeutet mit einem Fueller schreiben zu koennen. Man braucht schon auch ein mechan- isches Verstaendnis des Schreibgeraets. Ich mag das Formulieren (und dabei denken) von Gedanken. Ich mag den Dialog, den ich dabei fuehre ... dabei ist es genau genommen gar nicht so viel Dialog als vielmehr Monolog. Meine Dialogform sind eher sich beeinflussende und sich aufeinander beziehende Monologe. (Ich bin nicht immer damit zufrieden, aber das ist meine natuerliche, d.h. uebliche Kommunikationsform.) Ebenso mag ich die Feinmotorik des Schreibens. Darum schreibe ich auch gerne von Hand mit einem Stift. Die Tipperei am Computer ist deutlich effizienter: Ich tippe schneller, kann besser ueberar- beiten und veraendern, und das Ergebnis ist zudem lesbar. Aber es ist gleichzeitig so mechanisch, so maschinell, so distanziert, abstrakt, so wenig schoen. Mit dem Stift in der Hand ist das eine ganz andere Welt. Eingabestifte fuer den Computer sind mit nor- malen Stiften nicht vergleichbar. Es fehlt die Haptik ...: wie der jeweilige Stift ueber das Papier gleitet, wie der ausgeuebte Druck und der Schreibwinkel sich auswirken, wie die Tinte ins Pa- pier fliesst, wie sich die Graphitspitze abreibt und immer wieder neue Formen bildet ... ein faszinierender Mikrokosmos, der Teil des Schreiberlebnisses ist ... untrennbar verwoben mit dem von Hand Schreiben. Es ist schwer zu beschreiben welche Bedeutung das fuer micht hat. Der Prozess des Tuns selbst ist bereits das gewuenschte Ergebnis. Immer wieder fehlt mir nur ein sinnvoller Anlass oder Inhalt. Fast moechte ich anfangen willkuerlich Seiten aus irgendwelchen Buechern abzuschreiben. Ebenso im Garten umgraben und durchhacken ... einfach um die Taetigkeit auszufuehren. Dabei ist es gar nicht so, dass mir das von Hand Schreiben leicht fallen wuerde -- meine Handschrift ist zumeist eine Katastrophe -- dennoch zieht es mich immer wieder dazu hin. Es ist der Reiz der *hand*werklichen Taetigkeit. Darum wohl mag ich auch Kartenspiele, Schallplatten, manuelle Gangschaltungen, von Hand Spuelen, Schuhe zum Binden, Papier im Allgemeinen, usw. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke