2012-06-13 the real world Emotionale Bindung Mein Unix-Philosophie-Vortrag In den letzten Wochen wuerde ich gleich dreimal auf meine Compu- tervortraege beim Chaosseminar des CCC Ulm angesprochen. Dort habe ich seit 2009 sieben Stueck gehalten. Interessanterweise ha- ben sich alle drei Gespraechspartner auf den gleichen Vortrag be- zogen, den zur Unix-Philosophie. [0] Das verwundert mich, denn gefuehlt gehoert er nicht zu meinen guten Vortraegen. Im Gegen- teil, es ist derjenige Vortrag bei dem meine Selbstkritik am staerksten war. Dennoch war dieser Vortrag fuer die anderen der bemerkenswerteste. Wie ist das zu erklaeren? Nachdem ich lange darueber nachgedacht habe, komme ich zu dem Schluss, dass es kein Widerspruch ist. Der Grund weshalb dieser Vortrag beachtet wird und der Grund meiner Probleme mit ihm ist der gleiche. Der Grund ist, dass mich das Thema emotional bewegt. Mein Vortrag zur Unix-Philosophie ist weniger sachlich als meine anderen Vortraege. Ich stelle keine Software vor. Ich erzaehle nicht von Fakten oder halte Geschichtsunterricht. Stattdessen er- zaehle ich von mir, von meiner Auffassung der (Computer-)Welt. Ich erzaehle von meiner Programmierphilosophie, die auch ein Teil Lebensphilosophie ist. Das ist kein Thema bei dem ich locker diskutieren kann, nein, dieses Thema reicht direkt bis innen. Es hat mich voll im Griff. Diese Emotionen schwingen im Vortrag mit. Sie unterstreichen die Aussagen und machen sie glaubhafter. Gleichzeitig aber mache ich mich dadurch aber auch angreifbar. Indem ich mich emotional reinhaenge steht nicht nur das Thema sondern auch ich selbst in der Diskussions. Es wird schwer zu trennen. Man verliert den Abstand und reagiert viel eher emotion- al als ueberlegt. Die emotionale Bindung ans Thema kann einen Vortrag einerseits ueberzeugend und glaubhaft machen, andererseits aber auch schwierig. Fuer mich war mein Unix-Philosophie-Vortrag klar mein schwierigster. Er ist aber scheinbar auch der bemerkenswerteste. [0] http://ulm.ccc.de/ChaosSeminar/2010/03_UnixPhil http://marmaro.de/apov/ markus schnalke