2009-07-03 the real world Steine im Weg Irrwege Diese neuen Bachelor/Master-Konzepte sind scheiße! Sie dienen nicht den Studium und nicht den Studenten, und lang- fristig auch nicht den Arbeitgebern. Stattdessen legen sie den Studenten und ihrem Studium nur Steine in den Weg. Sie sorgen dafür, dass das Studium selbst aus dem Fokus gedrängt wird. Statt einfach zu studieren plagen sich Studenten jetzt mit Stol- persteinen ab: Was darf ich studieren? Wie kann ich es an- rechnen? Was wenn das Modul schon voll ist? Kann ich denn nicht das belegen was mich interessiert? Wenn jede Veranstaltung geprüft wird und (fast) alles zählt, überlegt man sich schon: Soll ich lieber eine Veranstaltung besuchen die gute Noten erwarten lässt, oder nehme ich schlechtere Noten für interessantere Inhalte in Kauf, oder kann ich es mir leisten zusätzliche Kurse zu belegen? (Alleine dass der letzte Frageteil überhaupt auftaucht ...) Statt zu studieren (= lernen, forschen, experimentieren, lesen, ...) muss nun viel Zeit mit dem Organisations-Overhead des Stu- diums verbracht werden. Statt zu ermöglichen wird verboten. Sicher, hier und da kann der Prüfungsausschuss Einzelentscheidungen fällen ... aber wieviel Aufwand und Stress das wieder ist -- Es lenkt nur auch vom eingentlichen Studium ab. Ich dachte mal, die Universität wäre ein heiliger Ort -- ungebun- den -- den die Wirtschaft nicht kontrollieren könnte. Ein Ort wo es um Wissen geht, nicht um Zeit, Geld oder Pflichten. Viel- leicht war das auch mal so. Heute ist es das jedenfalls nicht mehr. Heute im Bachelor oder Master zu studieren ist auch nicht viel anders als gleich schon in der Wirtschaft tätig zu sein. Zeit- druck und finanzielle Sichtweisen durchdringen alles. Zudem scheint es als ob die Prüfungsordnungen um ihrer selbst Willen geschrieben wurden ... für wissbegierige Studenten die sich nicht vorschreiben lassen wollen in welcher Form, in welchen Häppchen, in welcher Reihenfolge, in welcher Kombination sie ihr Wissen aufnehmen dürfen ist sie jedenfalls nicht verfasst worden. Und wie sieht das konkret aus? Vor kaum zwei Wochen wurde es mir (an mir selbst) ganz deutlich bewusst: In Betriebssysteme ging es um Prozesse in Unix. Dabei konnten einige Fragen nicht komplett geklärt werden. Mehrere Studenten ergänzten das Wissen des Profs, doch es reichte nur bis zu einer wahrscheinlich korrekten Erklärung. Feinheiten des Sachverhaltes mussten ganz außen vor bleiben. Mich interessiert dieses Thema aber sehr und so war ich damit nicht befriedigt. Nachmittags stand ich dann vor der entscheidenden Entscheidung: Tiefer gehen oder an (anderen) Oberflächen kratzen? Es ist nur richtig an eben dieser Stelle tiefer zu graben, nachzulesen in verschiedenen Quellen, ein kleines Testprogramm schreiben das das Verhalten bestätigt, vielleicht auch ein zweites Programm das anderes Verhalten abgrenzt ... Genau das ist nämlich studieren! ... und nicht das was so viele tun und denken. Doch auch ich sitze in der Falle, denn ich bemühe mich Erwar- tungen zu erfüllen, Klausuren zu bestehen, Leistungspunkte zu er- bringen. Ich belege so viele Veranstaltungen, dass ich mehr oder weniger von einer zur nächsten hetze. Ich versuche alles auf die Reihe zu bringen; hauptsache die Pflichtübungen werden geschafft um zur Klausur zugelassen zu werden. Für Studium bleibt da kaum noch Zeit! Ich studiere so viel, dass ich keine Zeit mehr für's Studium habe. ... das muss man man durchdenken ... sich schön langsam zergehen lassen ... wie ironisch das ist! Die Zeiten in denen ich studiere sind die wenn ich was für mich tue statt das zu tun was für mein Studium gut wäre. Es ist einfach absurd! ... und ich sollte eines lernen und umsetzen: So wenige Veran- staltungen zu belegen, dass ich mich diesen auch widmen kann. Es muss Zeit und Gelegenheit zum (richtigen) Studium bleiben! Ich will schließlich (für mich) studieren, nicht Erwartungen erfüllen! http://marmaro.de/apov/ markus schnalke