2018-04-08 herz und hirn Schwaebisch Muttersprache Englisch ist fuer mich die Sprache der Informatik. Hochdeutsch ist fuer mich die Sprache des gewaehlten, intellektuellen Aus- drucks, die Sprache des Verstandes. Schwaebisch ist fuer mich die Sprache meines Herzens, meine Muttersprache. (Eine richtige Sprache der Liebe habe ich nicht, denn ``I mahg di'' ist das Beste und Einzige was das Schwaebische in der Hinsicht zu bieten hat.) Ich glaube, Dialekt wird unterschaetzt. Nein, mit Dialekt hat das gar nichts zu tun. Es geht um Muttersprachen. Meine Muttersprache ist Schwaebisch, nicht Hochdeutsch. Alle Sprachen haben ihre Einschraenkungen. So bietet das Schwae- bische schlicht nicht die Mittel fuer exakte, feinsinnige, intel- lektuelle Ausfuehrungen. Ebenso ist es eine rein gesprochene Sprache. Folglich kommuniziere ich die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens in meiner ersten Fremdsprache, und ich denke diese Themen auch in ihr. Aber es ist ein Verlust, denn es ist eine Fremdsprache -- die emotionale Ebene fehlt mir in ihr. Mein Eindruck ist, dass dem wenig Bedeutung beigemessen wird. Fuer mich hat es aber viel Bedeutung. Bewusst wird mir das immer wieder, wenn das Schwaebische unerwar- tet auftaucht, wie beispielsweise in den Dialogen des niederen Volkes in Hauffs ``Lichtenstein''. Da wird mir dann wieder bewusst -- ganz unmittelbar --, was der Unterschied zwischen der Muttersprache und der ersten Fremdsprache, die zur Normalsprache geworden ist, ist. Das Schwaebische beruehrt mich so anders! Die meisten werden sagen, dass ich ganz schoen schwaebisch schwaetze. Ja, mein ``Hochdeutsch'' ist stark dialektal gefaerbt, aber richtiges Schwaebisch ist schon noch etwas anderes. So gesehen schwaetze ich (mit euch) kaum schwaebisch. Darum versteht man mich auch so gut. Ich verwende kaum spezifisch schwaebische Woerter, und die, die ich verwende, lassen sich gut erschliessen. Mein hochdeutsches Schwaebisch hoert sich vor allem schwaebisch an, wegen Vokalfaerbungen, weggelassenen Endsilben und ein paar spezifischer Woerter. Die meisten kennen richtiges Schwaebisch gar nicht. Meine Oma hat richtig schwaebisch geschwaetzt. Wer nicht in der Gegend aufgewachsen ist, hat sie beim ersten Treffen kaum verstanden. Gerade dieses Schwaebisch loest aber etwas ganz besonderes in mir aus. Ich frage mich, ob es anderen nicht so geht, schliesslich ver- suchen fast alle hochdeutscher zu reden. Das ist so aehnlich wie wenn sich schwarze Frauen die Haare glaetten. Das ist ein sich seiner Kultur und Herkunft Schaemen, ein Leugnen, ein anders sein Wollen, ... einen Teil von sich Unterdruecken. Ist das fuer die anderen ein irrelevanter Teil, bei dem egal ist, wenn er fehlt? Fuer mich ist es naemlich das Gegenteil. Oder fuehlen sie sich zu sehr von der Gesellschaftsnorm dazu gezwungen und sind inzwischen konditioniert: Dialekt ist minderwertig; krauses Haar ist min- derwertig. Um diesen Nachteilen zu entgehen, versucht man die Makel loszuwerden ... toetet das scheinbar Falsche ab. Oder gehoere ich zu einer Minderheit, der wirklich etwas an Di- alekt liegt? Ist meine Verwurzeltheit in meiner Heimat -- ue- berhaupt das starke Gefuehl von Heimat -- ohne Widerspruch zu meiner Weltoffenheit, ein exotisches, zumeist unbekanntes Kon- strukt? Ich weiss es nicht. Fuer mich jedenfalls kann es gar nicht anders sein. Heimat, Weltoffenheit, schwaebisch, Toleranz -- fuer mich ist das eines. Das bin ich. Das sind meine Arme und Fuesse. Naehme man eines weg ... Wahrscheinlich haengt das damit zusammen, dass fuer mich die Vielfalt richtig ist und die Homogenitaet falsch. Die schwaebische Sprache sitzt ganz tief in meinem Herzen. Darum erzeugt dieses Lied eine Resonanz in mir, wie es andere nicht koennen. Nicht nur die Inhalte, sondern auch die Sprache stimmen. Das geht ohne Uebersetzung direkt bis ganz innen. Was glotzsch me so ah? Was ziagsch a' mer rom? I gugg nach mir selber, oder moisch I ben domm? Jetzt lass mir mei Ruah, sonsch dreh I mi weg Ond I spreng naus auf'd Stross ond spiel em Dreck Refrain: Ich such mir an Platz wo me niemand kennt Ond denk mir a Spiel aus wia I's g'spielt han als Kend Was ziasch a' mer rom? Was zupfsch an meiner Hos'? Was han I bloss doa? Jetzt lass mi doch los! Ja Muadder jetzt komm, was duasch so beflissa? I hau doch scho so lang nemme mei Hosa voll gschissa Refrain Was glaubsch wia's mir stenkt, was dia von mir wend An A'zug soll e a'ziah, ond striegla mein Grend I darf nemme spiela, em Drägg wo's mir g'fallt En'd Schul dond's me ziah, meistens mit G'walt Refrain Jetzt gang'e en Wald, wo e romjugga kah Ond I schleich wie an Indianer; zend Schreichhelzla a' Ond I grab mir a Loch, ond I grebsel auf'd Baim Ond I wuahl rom em Schlamm, ond I grunz wia a Sau! Refrain 2x [0] [0] Schwoißfuaß: Drägglacha Blues http://marmaro.de/apov/ markus schnalke