2016-11-14 herz und hirn Bunte Fingernaegel Ein Zeichen fuer Toleranz 2016-09-28: Ich haette grosse Lust mir die Fingernaegel zu lackieren, in bun- ten Farben, einfach um mal ein Zeichen zu setzen. So wie er sie sich anmalen lassen hat, weil es fuer ihn ue- berhaupt keinen Grund gab, es nicht zu tun. Bald wird das anders werden, denn die Welt um ihn herum ist beschraenkter, sie muss alles einordnen, sie kann das Ungewohnte nicht einfach annehmen, so wie er das kann. Nun bin ich selbst schon nicht ganz ``normal'', aber ich passe doch noch gut genug in ihr Schema ... zumindest in das der meisten. Ist das nicht genug? Muesste ich sichtbarer fuer meine Werte einstehen? Sollte ich mir also die Fingernaegel bunt an- malen ... weil das so wunderbar genau die Barriere in den Koepfen vieler adressiert? Bunte Fingernaegel sind etwas Tolles, und es ist eben nichts da- bei ... Dass aber nicht nur *eigentlich* nichts dabei ist, son- dern tatsaechlich nichts dabei ist, dazu muesste ich es schon demonstrieren, denn sonst sind es die ueblichen leeren Worte ... ``eigentlich'' eben. 2016-10-30: Der Beschluss ist gefasst, die Vorbereitungen sind getroffen, der Countdown laeuft. Ich freue mich. Soviel Schoenheit in dieser Welt! 2016-11-14: So einfach ist es doch nicht. Wie mir erklaert wurde koennen re- genbogenfarbige Fingernaegel als klares Zeichen, schwul oder les- bisch zu sein, verstanden werden. Darum geht es mir nicht. Das hat mich erneut ins Denken gebracht. Am Ende bin ich aber doch mit bunten Fingernaegeln an der linken Hand mehrere Stunden in der Oeffentlichkeit gewesen. Das kann man als zaghaften Versuch werten: Die linke Hand kann man in der Tasche lassen. Insgesamt hatte es viel von einem Outing (wie ich es mir vorstelle): Erst probiert man ganz zaghaft, dann schrittweise immer mutiger. Es steckt bei mir schon auch eine Art Outing dahinter, eines fuer Vielfalt und fuer die freie Entfal- tung jedes einzelnen Menschen. (Schwul fuehle ich mich nicht, faende aber auch nichts schlimm daran, wenn es so waere.) Das wichtigste an meiner Nagellackerfahrung ist wohl, dass ich nun ein bisschen besser verstehen und nachfuehlen kann, wie es Menschen beim Outingprozess geht. Bei mir war das alles nur ``Spass''. Jetzt weiss ich aber zumindest ein wenig besser wie es sein muss, wenn es hierbei um wirklich Auswirkungsvolles geht. Fuer mich war es soviel Vergnuegen! Wie ein Schneekoenig -- nein, wie ein Kind! -- habe ich mich ueber die bunten Naegel gefreut. So verspielt, so farbenfroh war es. Ich hatte viel Gefallen daran. Gerne wuerde ich mehr davon geniessen, aber es gab auch Stoerendes. Der Nagellack fuehlte sich irgendwie komisch an, wie wenn die Fingernaegel ihre Flexibilitaet verloren haetten und wie wenn der Lack an ihnen ``ziehen'' wuerde. Ausserdem stach mir die Billigkeit der Farben negativer ins Auge als ich gedacht hatte. Da war rein gar nichts Elegantes oder Hochwertiges. Das hat mir ueberhaupt nicht entsprochen. Dann noch der Geruch. Selbst Stun- den nach dem Auftragen hat der Lack noch riechbar ausgeduenstet. ... aber fuer den (in meinen Augen) verspielten optischen Ein- druck hat es sich trotzdem gelohnt. Ich weiss noch nicht recht was ich mit dem allen nun anfangen soll. Ein bisschen wuensche ich mir, schwul zu sein, weil ich dann zumindest ``guten Gewissens'', d.h. unmissverstanden, mit bunten Fingernaegeln rumlaufen koennte. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke