2013-11-27 herz und hirn Willensstaerke Unnoetiger Konsistenzbruch Ich wurde schon mehrfach fuer begruendetes, geplantes Handeln, fuer Konsequenz und fuer Willenstaerke bewundert. Ich selbst glaube eigentlich auch, dass ich da Staerken habe. Ganz aktuell zweifle ich aber doch stark daran. Es war ein Jammerspiel der Aufschieberitis, diese Hausarbeit: Fuenf Wochen lang Zeit. Zwei Wochen lang passierte erst mal gar nichts. Kein Anzeichen, dass die Zeit zu Laufen begonnen hatte. Dann die erste Informationsrecherche -- ein Abend -- und gleich im Anschluss eine weitere Woche nichts. Dann eine weitere Infor- mationsbeschaffungsaktion. Noch zwei Wochen verbleibend ohne, dass ich mich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt hatte. Mehr als eine oberflaechliche Beschaeftigung und das Zusammen- tragen von Informationen war noch nicht passiert. Woche vier: Ich las und machte mir Notizen. Dabei versuchte ich eine Struktur zu finden. Und wie sollte ich das Thema bloss einschraenken? Ende der vorletzten Woche schrieb ich ersten Text. An Struktur fehlte es immer noch. Die letzte Woche. Die Woche der Erkenntnis: Es wird mal wieder eng. Erste Reue um die verbummelte Zeit kam auf, und ich goennte mir doch weiterhin viel Pause und den einen und anderen freien Abend. Als die ersten Anderen schon abgaben arbeitete ich noch immer mit Textfragmenten. Stress war noch fern; ich war cool; hatte ein realistisches Bild der Situation; wusste, dass ich fertig werden wuerde. Dafuer kenne ich mich gut genug. Wenn nur nichts dazwischen kaeme. Der Puffer war schon verplant. Das letzte (lange) Wochenende. An ihm entstanden 70% des Ender- gebnisses. Vieles kam mir wir duct-tape-writing vor -- ein mir bis dahin unbekannter Stil. Doch im Anbetracht der Zeitnot blieb keine Ruhe fuer Gedanken dazu. Pragmatismus bestimmte die Arbeit. Sonntag abend. Ich war bei 90% des Inhalts und 60% des Gesamt- bildes. Der freie Montag nachmittag sollte alles richten. Er war dann bestimmt von noch mehr Pragmatismus, Kompromissen und den- noch dem Wunsch die verbleibenden inhaltlichen Problemstellen auszubuegeln. Die Zeit und Ruhe zur inhaltlichen Tiefe fehlte na- tuerlich. Aergerlich! Um 17:00 wollte ich abgeben, um 18:00 gab ich dann ab. Bis Mit- ternacht haette ich Zeit gehabt. Trotzdem ich ein grosser Ver- fechter des nochmals komplett Durchlesens bin, opferte ich es -- ein mutiger Kompromiss. Sehr wohl in dem Bewusstsein was ich dam- it in Kauf nahm. Was bleibt? Das Gefuehl einer verbummelten Chance? Ein Verhalten, dem ich gerade widerstreben will? Ein Verfehlen der Ziele, die ich wirk- lich verfolge? Die Benotung des Werkes ist fuer mich, sowohl auf persoenlicher als auch aus beruflicher Sicht, nebensaechlich. Ich bin schlicht nicht darauf angewiesen. Was fuer mich zaehlt -- und das ist das Ziel allen meinen Bestrebens -- ist meine eigene Zufriedenheit mit meiner Arbeit. Dabei geht es nicht um einen Perfektionismus, ich will aber guten Gewissens und aus Ueberzeugung fuer mein Werk stehen. Hochwertige Qualitaetsarbeit statt schneller Oberflae- chlichkeit und Schein. Lieber weniger als Schlechtes. Sind hier nun meine Schwaeche und fehlende Selbstkontrolle schuld fuer eine Inkonsistenz meines Handelns? War mein grosses Ziel, die Konsistenz, nicht wichtig genug als dass ich, scheinbar wil- lensstarker und konsequenter Mensch, willensstark und konsequent agiere? Oder bin ich halt eben nur scheinbar willensstark und konsequent? (Weil es bei meinen Lieblingsthemen kein Wil- lensstaerke braucht um willensstark zu wirken?) Oder ist das alles doch nur ein weiteres Puzzleteil meines Charakters? Eine Abneigung gegen erzwungene Rahmenwerke wie Dead- lines? Das Beduerfnis den Themen die Zeit zu geben sich selbst zu entwickeln, sich selbst zu entzuenden? Die hohe Wertschaetzung all der freiwilligen und unabhaengigen Arbeit, die ich in der Hausarbeitszeit stattdessen getan habe? Die Zuruecknahme zugun- sten der Balance im Leben? Eine Rebellion gegen ein Pruefungssys- tem, dessen Versuch Leistung zu beurteilen viel zu beschraenkt ist? Habe ich also doch alles richtig gemacht? Nein! Es stoert mich massiv, dass ich es nicht gebacken kriege eine vorgegebene Ar- beit, die ich sinnvoll finde und bei der alle Parameter bekannt oder abschaetzbar sind, strukturiert zu planen und anschliessend nach Plan umzusetzen. Ich bin mir perfekt bewusst darueber, dass es keinen Unterschied macht, ob ich am letzten oder vorletzten Wochenende alles reisse. Und doch macht es allen Unterschied. Das eben passt so ueberhaupt nicht zu mir. Der strukturierte Plan ist in jeder Hinsicht ueberzeugend und ich *bin* voll ueberzeugt, und doch schaffe ich es nicht, es zu aendern. Also doch die fehlende Willensstaerke! http://marmaro.de/apov/ markus schnalke