2012-04-21 herz und hirn Kunst Was ich tue und warum ich das tue Ich bin Informatiker. Nein! Ich bin Programmierer. Nein! Ich bin Computer Scientist. Noch am ehesten, aber es passt auch nicht recht. Ich bin auch weder Mathematiker noch Ingenieur. Zu einem grossen Teil bin ich Historiker im Bereich Unix. Ich versuche neu zu ergruenden wie es damals war. Ich versuche zu verstehen wie sich Unix entwickelt hat und wie es die Compu- terwelt veraendert hat. Was Manche noch selbst miterlebt haben muss ich historisch recherchieren. Das ist eine seltsame Konstel- lation bei der meine Motivation fraglich scheint. Ueber Dinge die ich fuer mich ganz neu entdecke, koennen noch lebende Zeitgenos- sen aus dem Naehkaestchen plaudern. Unix Geschichte als In- teressensgebiet eines jungen Menschens -- unpassend!? Ob jedoch Geschichtsforschung ueber die letzten nicht mal 50 Jahre abstrus ist oder nicht, diese Frage stelle ich mir nicht. Ich interes- siere mich dafuer und gut. Zumal mir diese Beschaeftigung gibt, was mir in der Informatik fehlt: Herauszufinden was die Welt im Innersten zusammen haelt. Wenn ich Unix erforsche, dann ist das nicht anders als wenn ein Geologe, Biologe oder Chemiker in seinem Fachgebiet nach dem Sein der Dinge forscht. Da werde ich doch noch zum Naturwissenschaftler und versuche zu verstehen. Ich suche Fakten und neue Informationen um aus ihnen ein Gesamtbild zu extrapolieren, um meine Erklaerung der (Unix-)Welt zu unter- mauern oder korrigieren. Die seltsame Komponente dabei ist nur, dass es eine Handvoll (lebende) Genies gibt, die Unix bereits verstehen, ja, es sogar selbst erschaffen haben. Das passt ue- berhaupt nicht zu meiner Forschung, denn ich erforsche nichts Neues sondern Bekanntes neu. Das ist wie wenn ein Biologiestudent sich fuer die Geschichte der Gentechnik interessiert. Wenn er danach strebt, die Entwickung und Konzepte ganz detailiert zu verstehen, die Denkweisen zu verinnerlichen, alles ueber sie wissen ... Wobei, so abgefahren klingt das gar nicht. Neben diesem geschichtlichen Interesse bin ich in erster Linie Kuenstler. Am ehesten von allem bin ich Kuenstler. Statt mit Ra- dierungen, Wachsmodellierung oder Oelgemaelden befasse ich mich mit Unix. Ich bewege mich nicht im Expressionismus oder Surreal- ismus sondern in der Unix Philosophie. Ebenso wie andere Kuenstler habe auch ich meine eigene Sicht auf die Welt. Sollte ich einen anderen Kunststil umsetzen sollen, so wuerde das Vorha- ben scheitern, denn letztlich kaeme doch immer meine eigene Art durch. Ich ueberarbeite Software so lange, bis sie die noetige Eleganz hat, wie auch andere Kuenstler ihr Werk so lange ueberar- beiten oder neu produzieren, bis sie zufrieden sind. Und wie koennte ich schon anders befriedigt werden als durch Eleganz? Die Art meiner Computerinteressen gleicht viel mehr denen eines Kuenstlers als denen eines Produzenten. Meine Motivation ist die eines Kuenstlers, nicht die eines Produzenten. Klar, auch ich produziere Software fuer konkreten Bedarf. Das entspricht den Kunstwerken eines Kuenstlers, die zum Ziel des Verkaufs erstellt werden. Sie gehoeren dazu, sind aber ebenso unweigerlich von der individuellen Art gepraegt. An sich beschaeftige ich mich aber mit Unix weil ich nicht anders kann. Ich ueberarbeite Code weil ich seine Haesslichkeit nicht aushalte. Ich strebe nach Eleganz weil sich das richtig anfuehlt. Manche Menschen setzen sich fuer Gerechtigkeit oder Umweltschutz oder Frieden ein -- Ich setze mich fuer elegante Software ein. Das ist was mich bewegt. Das ist was ich bewege. Ich bin Historiker und Kuenstler, beides im Umfeld Unix. Mich ue- berzeugt die Unix Philosophie im Bezug auf gute Software ebenso wie Andere in anderen Gebieten von beispielsweise der Freien Marktwirtschaft, der Gentechnik, dem Weltbuergertum, oder er- neuerbaren Energien begruendet ueberzeugt sind. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke