2020-06-18 gesellschaftsanalyse Menschenaehnlichkeit Mitfuehlen Da sitzt eine Elster auf dem Schuppen nebenan. Eine zweite kommt dazu. Ich beobachte sie, schaue zu wie sie sich bewegen, wie sie interagieren ... und es ist alles so menschlich, so nachvollzieh- bar, so intelligent! Das sind keine dummen Voegel, sondern sie sind uns so aehnlich. Sie reden zwar nicht in einer uns verstaendlichen Sprache, aber ihr Verhalten erinnert in so vielerlei Weise an menschliches Verhalten. Wie koennen wir sie da so gering behandeln?! Vor ein paar Tagen habe ich eine Tierdoku ueber Baeren gesehen. Es ist erstaunlich wie verstaendlich ihr Verhalten fuer uns ist. Sie sind uns so aehnlich. Unsere Aehnlichkeiten sind weit groesser als unsere Unterschiede. Wie kann man da nicht mit- fuehlen?! Wie kann man sich in ihnen nicht wiedererkennen?! Das alles ist eine Frage von Gleichwertigkeit und von Distanz, Ignoranz, Abwertung. Hierin unterscheidet sich unser Verhalten gegenueber Tieren nicht von rassistischem und kolonialistischem Verhalten gegenueber Menschen. All das basiert auf der Meinung, dass man selber und seinesgleichen ueber den anderen stehen wuer- den; dass also eine Klassifikation in gleich und anders vorliegt, bei der die eigene Klasse besser, hoeher, berechtigt ist. Die Klassifikation ist willkuerlich, in fliessenden Uebergaengen irgendwo festgelegt, wird dann aber wie unumstoesslich und na- tuerlich angesehen. An welchen Merkmalen klassifiziert wird wechselt: mal ist es das aeussere Erscheinungsbild, mal der reli- gioese Glaube, oder politische Meinungen. Wenigstens ist bei einem Teil der Menschheit inzwischen angekom- men, dass wir eine einzige Klasse Menschheit sind. Wobei der an- dere Teil der Menschen das noch immer nicht so sehen will. Die Sklaverei ist weitgehend abgeschafft. Auch der Kolonialismus ist ... Hmm ... wie ich so darueber nachdenke kippe ich zunehmend ins Negative ab. Die Sklaverei (von Menschen) mag tatsaechlich weit- gehend verboten sein, aber die Abwertung nichtprivilegierter Gruppen ist immer noch alltaeglich. Menschen mit dem ``falschen'' Glauben oder der ``falschen'' politischen Gesinnung oder den ``falschen'' gender- oder sexualitaetsbezogenen Identitaeten wer- den fast ueberall diskriminiert, verfolgt, und da sie nicht als gleichwertig anerkannt werden werden sie quasi als vogelfrei gesehen. Wir haben es also noch nicht mal geschafft alle Menschen als gleichwertig anzusehen ... und ich rede von Tieren! Ich wollte eigentlich nur mit den Elstern anfangen, um dann Schritte weiter zu gehen, doch ich merke wie utopisch das ist. Es fehlt ja selbst am allerersten Schritt noch! Es beginnt mit einer willkuerlichen Klassifikation in Wir und die Anderen. Diese hat ein inhaerentes Hierarchiegefaelle: dass Wir besser sind als die Anderen. Die Anderen sind fremd, unmen- schlich, falsch. Jede Empathie fuer sie und jedes Infragestellen der Klassifikation wird verhindert. Separation und Distanz erhal- ten diesen Zustand. Es ist dann ``natuerlich'' so -- unhinter- fragt. Es will auch nicht hinterfragt werden weil die Weltordnung so einfach und klar ist. Es ist falsch. Es ist blind. Es ist eine bequeme Illusion, die sich nicht halten laesst, sobald man sie ernsthaft infrage stellt. Man ist nur furchtbar gut darin nicht hinzuschauen, sich blind zu stellen ... wie ein Kind, das meint, es waere nicht mehr zu sehen wenn es sich die Augen zuhaelt. Noch immer nutzen die (zufaellig!) Privilegierten ihre Machtposi- tion mit allen Mitteln aus ... Und ich rede von Tieren! ... http://marmaro.de/apov/ markus schnalke