2017-03-07 gesellschaftsanalyse Heimatliebe miteinander In den letzten Jahren sind in Europa vermehrt regionalere und na- tionalere Gedanken aufgekommen. Dies wird zumeist kritisch gesehen. Sie sind Ausdruck von Abgrenzung und vom Wunsch nach einer klareren, ueberschaubareren, nicht so aengstigenden Welt. Fuer mich sind Nationen nur Kruecken, Zwischenstufen im Uebergang zu der einen Menschheit, die wir sind und auch irgendwann so ver- stehen muessen. Wenn die momentanen Abgrenzungstendenzen dieser Entwicklung entgegenstehen, dann finde ich sie schlecht. Einerseits wachsen Laender zusammen, andererseits zersplittern sie in ihre Volksgruppen. Letztere sind fuer so viele Konflikte der letzten Jahrzehnte verantwortlich. Die Tendenz sich abzuspalten fusst auf dem Wunsch, es sich ein- fach zu machen: Wenn wir unterschiedlich sind, dann geht besser jeder seinen eigenen Weg, als dass wir uns arrangieren muessen. Diese Wahl ist aber eine kurzsichtige. Die Anderen sind naemlich weiterhin da, auf dieser Welt, sie sind bloss nicht mehr so sichtbar. Man kann sich dann lediglich einreden oder den Eindruck entstehen lassen, dass die Andersartigkeit weniger geworden waere. Das eigene Weltbild, mit seinen Normen, passt dann schein- bar wieder. Am ausgepraegtesten ist das wohl im Religoesen, bei Fragen der sexuellen Identitaet sieht es aber auch nicht anders aus. Statt uns abzuwenden und uns einzureden, dass es manches nicht geben wuerde, muessen wir lernen, die Realitaet zu akzeptieren und einen Umgang mit ihr zu finden. Wenn also jemand sonntags ar- beitet, wenn jemand fastet, wenn jemand nicht fastet, wenn jemand dies nicht isst, wenn jemand das nicht tut, wenn sich jemand mehr zu diesen oder jenen Menschen hingezogen fuehlt, oder was auch immer, in jedem Fall ist es eine Andersartigkeit, die man nicht versteht. Das Problem ist aber nicht die Andersartigkeit sondern das Nichtverstehen. Indem wir uns aber von dem Andersartigen entfernen, werden wir es noch weniger verstehen. Und das Problem wird groesser statt kleiner. * * * Nun koennte man meinen, dass es besser waere, wir wuerden uns von all diesen Verbundenheitsgefuehlen loesen, um neutraler und kom- patibler zu werden. Ich bezweifle jedoch, dass das ueberhaupt moeglich waere. Diese Verbundenheit ist ein so starkes Gefuehl, und starke Gefuehle sollte man nicht zu unterdruecken versuchen, sondern ihre Energie positiv nutzen. Mein Opa stammt aus Breslau in Niederschlesien. Nach seiner Ver- treibung landete er in Sueddeutschland. Nie habe ich ihn eine negative Aeusserung bezueglich der Vertreibung machen hoeren -- wie wenn sie fuer ihn voellig emotionslos waere -- aber als ich in seinem Buecherschrank die Fuelle an Bildbaenden ueber die Alte Heimat gesehen habe, da ist mir klar geworden, wie stark Heimatliebe ist. Seiner Heimat entrissen zu werden ist wie einen geliebten Men- schen zu verlieren -- das wird ein Leben lang weh tun. Und dies ist fuer alle Menschen dieser Welt gueltig, wobei nur jeder selbst sagen kann, wo seine eigene Heimat ist. Kein Mensch sollte von dort vertrieben werden. Wir alle wollen gluecklich leben; am besten geht das miteinander. Ich finde es also schlecht, die eigene Heimatliebe als etwas Schlechtes unterdruecken zu wollen. Ich finde, man sollte sie genauso leben wie man seine philosophisch-religioesen, sexuellen und sonstigen wichtigen Gefuehle leben sollte. Ich will nicht, dass sich Volksgruppen separieren, und doch sol- len sie ihre emotionsstarken Lobeshymnen singen, aber fuer eine bessere Welt, gemeinsam! In diesem Sinne spielt hier Runrig ``Hearts of Olden Glory'' ... das fuer mich eine Hymne fuer eines jeden Heimat ist. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke