2013-02-16 gesellschaftsanalyse Geschenke und Hinterlassenschaften In einer Welt des Ueberflusses ist alles Mehr eine Belastung. Welchen Wert hat ein (materielles) Geschenk wenn man schon alles Notwendige hat? Es verkommt zur Belastung. Es wird schwer sich ueber die Belastung zu freuen. Die Erwartung der Freude belastet zusaetzlich. Schenkende die Zeiten des Mangels erlebt und darunter gelitten haben koennen das kaum verstehen. Sie verstehen nicht wie man unter der Fuelle leiden kann. Was einstmals wertvoll war ist heute irrelevant. Wo das rein ma- terielle Werte angeht laesst es mich kalt, wenn aber Herzblut im Spiel is trifft es mich. Da hat ein Wissenschaftler im Laufe seines Lebens eine Privatbibliothek aufgebaut. Mit Liebe hat er zusammengestellt was ihm etwas bedeutet. Seine Bibliothek ist der Spiegel seines (Arbeits-)Lebens. ... Dann stirbt er. Seine Le- bensgefaehrten werden feststellen muessen, dass mit ihm auch der Wert seiner Bibliothek gestorben ist. Materiell hat sie sowieso kaum (noch) einen Wert. Der immaterielle Wert ist aber nur in Beziehung zum ehemaligen Besitzer existent, und der ist nun tot. Wer mag Interesse haben an einer Bibliothek die ein Spiegel einer verstorbenen Person ist, insbesondere wo der Zugang zu dieser Beziehung zwischen Bibliothek und Person ohne die nun tote Person kaum entschluesselt werden kann? So wertvoll die Bibliothek fuer den Menschen zu seinen Lebzeiten gewesen sein mag, mit seinem Tod ist dieser Wert verschwunden. Es ist traurig aber Dinger dieser Art werden nicht ueberdauern. Wie sehr haben manche Buecher und Schallplatten mein Leben gepraegt! Sie haben mich inspiriert, geformt, motiviert, sehend gemacht, zweifeln lassen und gerettet. Was wuerde mich besser erklaeren als sie? Und doch: Nach meinem Tod wird all das ir- relevant sein. Plattenspieler wird es nicht mehr geben. Gedruckte Buecher werden vielleicht nur noch als altmodische Be- lastung empfunden werden. All diese Werte meines Lebens werden nur Werte *meines* Lebens sein. Diese Dinge werden nicht ueber- dauern. Schoen waere es dennoch, wenn zumindest etwas von mir in Form dieser Artefakte ueberdauern wuerde, denn aus meiner Sicht stehen sie viel mehr fuer mich als ein Bild von mir das jemals koennte. Mein ganzes Leben wehre ich mich gegen Aeusserlichkeiten, da waere es schrecklich wenn letztlich meine Aeusserlichkeiten ue- berdauern wuerden. Nein! Das soll nicht sein. Stattdessen sollen diejenigen denen ich von Bedeutung war einen Gegenstand von mir aufbewahren. So muesste nicht aller Wert den diese Dinge fuer mich waehrend meines Lebens haben mit mir sterben und doch muesste ich niemanden zu sehr damit belasten. Noch ein weiterer Gedanke auf den mich Hr. Kristen gebracht hat. Ich schaetze meine Buecher, deshalb behandle ich sie sorgsam. Es fuehlt sich fuer mich gut an wenn ein Buch nachdem ich es gelesen habe aussieht wie zuvor. Nur, was unterscheidet dieses Exemplar dann von einem beliebigen Neuexemplar? Sollte ich nicht vielmehr das Buch bearbeiten wie es auch mich bearbeitet? Statt an mir bedeutungsvollen Stellen ein Stueck Papier zwischen die Seiten zu stecken lieber die Zeilen auffaellig markieren? Der Gedanke ist revolutionaer fuer mich aber er hat das Potenzial mein Verhalten grundlegend zu aendern. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke