2015-03-17 digital life Nebensaechlichkeiten Ueber ihre Indikatorwirkung Immer wieder hoere ich, dass es auf irgendwelche Nebensaechli- chkeiten gar nicht ankaeme, weshalb man sich bei denen keine Muehe geben muesse. Das sind Entschuldigungen fuer die fehlende Muehe im Detail. Waere die Welt perfekt orthogonal, dann wuerde ich zustimmen, dass die Muehe bei den Nebensaechlichkeiten gegenueber der Muehe beim Hauptsaechlichen nebensaechlich ist. Man koennte sie in diesem Fall sogar vernachlaessigen. Da ich aber nicht glaube, dass die Welt perfekt orthogonal ist, sind fuer mich die Nebensaechlichkeiten keine Vernachlaessigbarkeiten. Sie sind fuer mich vielmehr Indikatoren. Die Qualitaet einer Arbeit ist aeusserst schwer zu beurteilen. Das gilt fuer die Programmierung ebenso wie fuer andere Arbeiten. Auch abgesehen von dem Problem ``weicher'' Eigenschaften ist der reine Aufwand einer umfassenden Beurteilung zu gross. Man greift deshalb auf Qualitaetsmerkmale und Indikatoren zurueck. Ueber sie schaetzt man das Grosse anhand des Kleinen ab. Wie jede Abschaet- zung trifft sie nicht immer zu, zeigt aber doch meist die richtige Richtung und Groessenordnung auf. Konkret: Wenn ein Softwareprojekt ein klar geordnetes Projektver- zeichnis hat, dann werden vermutlich auch die Dateiinhalte schoen strukturiert sein. Wenn jemand darauf achtet, dass die Kommentare in verstaendlichem Englisch sind, dann wird er vermutlich auch darauf achten, dass der Quellcode in verstaendlichem C ist. Wenn jemand auf die Nachvollziehbarkeit seiner Commit-Messages achtet, dann wird er meist auch beim Quellcode darauf achten. Es geht also gar nicht unbedingt darum, ob die Kommentare in korrektem Englisch sein muessen oder nicht. Das an sich koennte man als Nebensaechlichkeit ansehen. Entscheidend ist dagegen die Annahme, dass den Menschen Aspekte, die ihnen wichtig sind, ihnen *ueberall* wichtig sind. Das ist eine Frage des Erkennens und er- tragen Koennens. Wer erst einmal gute Typographie kennen und schaetzen gelernt hat, der wird falsche Gedankenstriche, verkehrte An- fuehrungszeichen, unechte Kapitaelchen oder schlechtes Kerning kaum mehr ertragen koennen. Das ist ein greifbares Beispiel, entscheidender ist aber die Aspekte Struktur, Klarheit, Ortho- gonalitaet und Co. Ich behaupte, dass, wer verstanden hat warum sie wichtig sind, der wird sie ueberall vorhanden sehen wollen. Ein solcher wird ihr Fehlen bemerken, es wird sich ihm regelrecht aufdraengen, es wird ihn stoeren. Darum werden auch die Nebensae- chlichkeiten seiner Arbeit diese Qualitaetseigenschaften aufweisen. Dass jemand in seinem Bestreben nach den Guetern Strukturiertheit oder Sorgfalt zwischen den Kernarbeiten und den Nebensachli- chkeiten unterscheidet, halte ich fuer unwahrscheinlich. Entweder jemand ist Sorgfalt wichtig oder nicht. Eine bedeutende Ausnahme gibt es aber: das Unvermoegen. Dieses kann sich entweder in einer teilweisen Unfaehigkeit zu erkennen oder in einer teilweisen Um- setzungsunfaehigkeit aeussern. Fuer beide Probleme ist das Team die Antwort: Partner die einem die Augen oeffnen oder die einem bei der Umsetzung unter die Arme greifen. Fuer diejenigen aber, die die Notwendigkeit fuer Qualitaet nicht sehen, fuer diejenigen, die sich an Wirrwarr nicht stoeren, fuer die mag die Qualitaet bei Nebensaechlichkeiten noch immer eine Vernachlaessigbarkeit sein. Die anderen aber werden mir sicher zustimmen, dass Menschen entweder sorgfaeltig sind, bzw. danach streben, oder eben nicht. Wem Sorgfalt wichtig ist, der wird ue- berall versuchen sorgfaeltig zu sein, es sei denn er hat gute Gruende davon abzuweichen. Dass etwas scheinbar nebensaechlich ist ist dabei aber kein guter Grund. http://marmaro.de/apov/ markus schnalke