2014-09-02 digital life Webapplikationen Die gaengige Praxis Webapplikationen sind der groesste Irrsinn! Das Web ist ein miserables Interface fuer Applikationen. Das Web war mal einfach. Jetzt ist es das nicht mehr. Dafuer ist es nun umso verbreiteter. Das Web ueberschreitet die Grenze zwischen Be- triebssystemen. Aber was als kleine gemeinsame Informationsaus- tauschmoeglichkeit begann ist laengst eine riesige, dominante Welt geworden ... die dabei ist, ihre Heimat zu verschlingen. Wozu brauchen wir noch Betriebssysteme? Wir haben doch das Web! Aber das Web ist ein armseliger Ersatz. Was hat es denn zu bieten? Statische Informationen ablegen und verlinken -- ja, dafuer wurde es geschaffen. Das kann es gut. Daneben bietet es aber auch einen uebertriebenen Fokus auf's Design, zumeist mit einer Schwanzvergleichsmentalitaet. Und nicht zuletzt bietet es Jobs ... fuer Amateure jeder Art. Und warum lebt dort die Ama- teurkultur so gut? Weil niemand, der sich gerne mit Schoenheit beschaeftigt -- das ist fuer mich ein Merkmal von bedeutenden Personen -- im Web verkehren will. In dieser Leere, die die angewiderten Computer-Aestheten hinterlassen, schiessen die Moechtegern-Designer, die Moechtegern-Programmierer und besonders die Marketing-Typen aus dem Boden ... wie Unkraut. Nein! *Als* Unkraut. Die haben naemlich keine Ahnung was Technologieethik sein koennte. Die haben keinen Respekt und kein Rueckgrat. Zu allererst: Das Web ist im Kern von Natur aus nicht fuer Anwen- dungen geschaffen. Es trotzdem dafuer herzunehmen war unmoral- isch. Jetzt leiden wir alle darunter, am wenigsten aber diejeni- gen, die das verbrochen haben. Die meisten Nutzer nehmen ja einfach hin was ihnen am Computer vorgesetzt wird. Aber ich frage mich: Nimmt der Normalnutzer denn gar nicht wahr wie grottenschlecht die allermeisten dieser Webap- plikationen sind? Diese endlosen Klickorgien -- stoert euch das nicht? Oder habt ihr nur nie effektivere Benutzungskonzepte als STRG-X, STRG-C, STRG-V kennengelernt? Und dann diese modernen Entwicklungen: TAB und ENTER tun ploet- zlich nicht mehr was sie im Browser tun sollten. Der ueberaus nuetzliche Zurueck-Button wird zum Zerstoer-Button, sobald aus der Webpage eine Webapplikation wird. Und auch die POS1-Taste hat es erwischt. Wozu auch die (reservierte) Taste auf der Tastatur nutzen, wenn jede Website ihren eigenen Back-to-the-top-Link per Javascript programmieren kann? Diese Schaltflaechen fahren dann auch huebsch von der Seite rein und sind in den Farben des Cor- porate Design gestaltet. Das kann die POS1-Taste natuerlich nicht bieten ... Es ist wie wenn man das Web mit aller Gewalt schnellstmoeglich zerstoeren wollen wuerde. Und Betriebssysteme gleich mit dazu. Die werden naemlich erst gefressen, bevor das Web dann ganz zu Schrott geritten wird ... bis letztlich gar nichts bleibt, ausser Truemmer. Wenn ich ueber das Web schreibe, dann ist das immer fruststrotzend. Das liegt daran, dass es bei einer Person mit meinen Wertvorstellungen nicht anders sein kann. Das was ich im Web erlebe ist ganz die unterste Schublade. Wenn mich Mitmenschen so behandeln wuerden wie diese Webapplikationen, dann wuerde ich das auch nicht hinnehmen wollen. Da habe ich also zwei Stunden lang eine riesige Datei ueber eine duenne Leitung geschoben. Dann endlich war ich bei 100% und die Anzeige welchselte auf ``1 Datei hochgeladen''. Alles bestens also, dachte ich. Die Dateianzeige zeigte ein Abgehakt-Symbol. Alles sah danach aus wie wenn die Datei jetzt auf dem Server gespeichert waere. Praesentiert bekam ich aber folgende Auswahl: (1) ``Die Datei speichern'' oder (2) ``Weitere Dateien hochladen''. Ich fragte mich schon, weshalb ich nun noch speichern wollen sollte. Hatte mein Upload nicht die klare Ab- sicht einer Speicherung? Es gab keinen Grund mehr das im Nachhinein bestaetigen zu muessen. Und symbolisierte das Abgehakt-Symbol nicht einen erfolgreich abgeschlossenen Vorgang? Wozu sollte ich also speichern wollen? Was ich wollte, war weitere Dateien hochzuladen. So klickte ich auf diese Option. Das alles erscheint mir als eine voellig *rationale* Handlungsweise. Die Folge: Ich bekam ein neues Uploadfeld praesentiert, aber meine eben hochgeladene Datei war verschwunden. Bestaetigt wurde das durch die Meldung: ``1 Datei nicht gespeichert''. Scheisse! Zwei Stunden Upload umsonst! Und wieso? Nur weil ich mich ration- al verhalten habe, statt einem blinden Bauchgefuehl folgend sicherheitshalber auf ``speichern'' zu klicken. Das ist eines der Dinge, die mich am Web so stoeren: Dieses Nicht-nachdenken-sollen. In dieser Web-Welt kommt man immer dann gut zurecht wenn man nicht nachdenkt. Aber nicht mit mir! Ich suche Welten in denen die Menschen zum Denken motiviert werden. Am Ende hat sich herausgestellt, dass die Datei doch gespeichert worden war. Damit waren die zwei Stunden Upload zwar nicht ver- schwendet, aber es macht die Situation nicht besser. Es zer- stoerte nur zusaetzlich das Vertrauen in die Meldungen der Anwen- dung. (Dies ist kein Einzelfall sondern die gaengige Praxis.) http://marmaro.de/apov/ markus schnalke